Eine Oase für die ganze Familie

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25.08.2022
Dieses Jahr sammelt die Schaffhauser Bettagsaktion für ein Pionierprojekt für Menschen mit Beeinträchtigung im ungarischen Berekfürdö.

Pfarrerin Karin Baumgartner vergisst das Bild nicht mehr: «Zwei junge Männer, István und Mathyás, beide geistig und motorisch beeinträchtigt, stützen sich beim Gehen aufeinander. Ich halte den Atem an, weil ich fürchte, sie könnten stürzen. Doch Schritt für Schritt kommen sie vorwärts. Und sie lachen fröhlich und laut, sodass es über das ganze Gelände des ‹Hauses der Versöhnung› im ungarischen Dorf Berekfürdö zu hören ist.»

Ferien für Seele und Körper
Karin Baumgartner ist seit vielen Jahren als Gemeindepfarrerin mit den Menschen im Dorf und dem Projekt «Erholung für Menschen mit Beeinträchtigungen» verbunden. Eine halbe Stunde von Berekfürdö entfernt liegt das «Haus der Versöhnung», das Zentrum der reformierten Kirche Ungarn, das sich mit der Unterstützung des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen der Schweiz (Heks) zu einem Pionierprojekt für die Beherbergung von Menschen mit speziellen Bedürfnissen entwickelt hat. István und Mathyás gehören zu einer Gruppe behinderter Menschen, die ein paar Ferientage in Berekfürdö verbringen. Sie profitieren wie andere Gäste vom Projekt «Ferien in Berekfürdö», das mit der ökumenischen Bettagsaktion unterstützt wird.

Vielfältige Therapien
«Die Selbstverständlichkeit, mit der die Gruppen, die sich im Haus der Versöhnung aufhalten, heute akzeptiert und integriert werden, war nicht von Anfang an gegeben», erzählt die Theologin. So musste neben baulichen Anpassungen auch Personal in der Hotellerie und in der Küche geschult werden. Mit dem örtlichen Thermalbad suchte man die enge Zusammenarbeit, die Einheimischen im Dorf wurden für die Thematik sensibilisiert und die lokale Kirchgemeinde eingebunden. «Die Sorgfalt, mit der dieser Prozess gestaltet wurde, ist ein Grund, warum diese beiden jungen Männer trotz ihres schweren Schicksals herzlich lachen können. Sie sind für ein paar kostbare Tage getragen und begleitet von Menschen, die ihnen mit Wertschätzung, Kompetenz und warmer Freundlichkeit begegnen», verdeutlicht Karin Baumgartner.

Manchmal seien es ganze Familien, die sich für ein paar Tage weg vom anspruchsvollen Alltag mit einem Kind mit Einschränkung gemeinsam erholen können. Manchmal sind es auch die Kinder, die hier ein paar Tage unbeschwertes Kindsein mit Kollegen und Kolleginnen in einer ähnlichen Lebenssituation verbringen. «Agnes’ Vater zum Beispiel ist an MS erkrankt. Das Mädchen hat erst später begriffen, warum es zu Hause mehr helfen muss als ihre Freundinnen. Ich erinnere mich auch an den Autisten Péter, der am letzten Tag seines Aufenthaltes mit einfachen Worten ein Gedicht geschrieben hat. Oder an Anna, die so positiv auf die erhaltenen Therapien reagiert hat, sodass sie wieder allein ein paar Treppenstufen bewältigte.»

So unterschiedlich wie die Lebensgeschichten sind auch die Therapien. «Das Spektrum reicht von der Arbeit mit Hunden über Beratungen bis zu seelsorgerlichen Gesprächen.» Schon längst habe sich das Angebot mit den diakonischen und den medizinischen Einrichtungen vernetzt: «Das Projekt ist einmalig, weshalb Prozent der Gäste aus dem benachbarten östlichen Ausland kommen. Sie alle sind dabei auf Unterstützung angewiesen», betont Baumgartner.

Adriana Di Cesare

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