400 Jahre Toggenburger Stipendienstiftung

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25.08.2021
Die reformierten Toggenburger machten vor 400 Jahren aus der Not eine Tugend: Sie gründeten eine Stipendienstiftung. Das Stipendi ermöglicht bis heute den Nachkommen der Stiftergeschlechter Bösch, Bräker, Grob, Giger und Looser ein Theologiestudium.

Ab 1543 war das Toggenburg Untertanengebiet des Abtes von St. Gallen. Die evangelischen Toggenburger hatten in dieser schwierigen Situation keine einheimischen Pfarrer. Die dem Abt genehmen Pfarrer stammten aus Zürich und Basel. Diese genügten den Ansprüchen der Reformierten absolut nicht.

20. Mai 1621: Stiftung gegrĂĽndet

Deshalb beschlossen 1621 zwölf Männer und zwei Witwen, Kapital zu stiften, um mit den Zinsen Jünglingen aus den Stiftergeschlechtern das Theologiestudium zu ermöglichen. Das Geld sollte aber in keiner Weise sonst verwendet werden. Diese Bestimmungen sind noch heute in den Statuten. Am 20. Mai 1621 wurde die Urkunde unterzeichnet. Laut Protokollbuch haben acht Familien 1100 Gulden Kapital für diese Stiftung zusammengelegt. Als erster Stipendiat wurde 1632 der erst 21-jährige Jost Grob zum Prädikanten von Krummenau und Kappel ernannt, was ein Entgegenkommen des Abtes war. Das Stipendium begann, seinen Stiftungszweck zu erfüllen. Doch bereits im dritten Amtsjahr mussten Jost Grob und später weitere Prädikanten die Gemeinden wieder verlassen. Diese für die reformierten Toggenburger garstigen Zustände setzten sich das ganze Jahrhundert fort. 1738 wurde eine neue Stiftungsurkunde verfasst, die den vorhandenen Stifter-
geschlechtern und Neuerungen angepasst war. 

Bräker, Bösch …

Heute gehören dem Stipendi noch mehrere Stämme aus den Geschlechtern Bösch, Bräker, Grob, Giger und Looser an. Im ersten Jahrhundert der Stiftung wurden 16 Stifternachkommen ausgebildet, und in Ermangelung weiterer eigener Kandidaten 41 Stipendien an junge Männer ausserhalb der Stifterfamilien vergeben. Dies liess die Auffassung aufkommen, das Stipendium sei ein allgemein-toggenburgisches. Die Landsfriedliche Commission in Zürich, welche angerufen worden war, erklärte 1746, dass gemäss den beiden Stiftungsurkunden das Stipendium nur den teilhabenden Geschlechtern zustehe. Zu den eifrigen Mitgliedern dieser Zeit gehörte auch Ulrich Bräker. In seinem Buch «Lebensgeschichte und Natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg» schrieb er: «Unser Geschlecht gehört zu dem Stipendigut. Wenn ich oder meine Nachkommen einen Sohn hätten studiren lassen, so hätte er 600 Gl. zu beziehen. … Ich weiss aber noch von keinem B., der studiert hätte.» 1828 wurden Statuten erstellt, und es fand die erste Generalversammlung statt. Das ab 1854 geführte Anteilhaberbuch hat noch heute Bestand und ist Grundlage für das aktuelle Anteilhaberverzeichnis.

Als das Vermögen schrumpfte

Es folgte eine lange Zeit ohne Auszahlung eines Theologiestipendiums, jedoch wurden Spesen und Taggelder stark erhöht. Ab 1910 bekamen auch Studenten anderer Fachrichtungen ein kleines Stipendium. Als in den Jahren 1939, 1941 und 1946 wiederum drei Anteilhaber das Theologiestudium begannen, schrumpfte das Vermögen. Die Auszahlung von Stipendien an nicht Theologiestudenten wurde gestoppt, und Taggelder mussten reduziert werden. 

Frauen gehen an die Universitäten

Als auch Frauen Theologie zu studieren begannen, beschloss das Stipendi 1963, künftig auch Töchter zu unterstützen. 2000 konnte das erste Stipendium an Barbara Damaschke-Bösch ausgerichtet werden. Sie ist heute Pfarrerin in Hemberg. Bis heute wurden 31 Stipendien an die teilhabenden Geschlechter ausbezahlt. 

2002 beantragte die Verwaltung der Generalversammlung, das Stipendi in eine offene Stiftung im Obertoggenburg umzuwandeln. Sie sollte neben dem Theologiestudium die Ausbildung von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie sozial benachteiligte Jugendliche unterstützen. Die Generalversammlung lehnte das Ansinnen ab.

Text: Willy Bräker, Wil, Präsident der Stipendienstiftung | Fotos: Willy Bräker, Andreas Ackermann – Kirchenbote SG, September 2021

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