Grundrechte nicht aufgeben

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21.04.2022
Elisabeth Rickenbach antwortet auf die Frage, ob bei der Organspende ohne einen Widerspruch ein Ja gelten soll.

Ich verstehe den Wunsch, dass man leben will und es ist für mich unbestritten, dass eine Erhöhung der Organspenderzahl erwünscht ist. Jetzt geht es um die Regelung der Organgewinnung. Für mich ist es eine unmögliche Vorstellung, dass man einem Körper Organe entnimmt, ohne dass der Mensch, der darin lebte, dies erlaubt hat. Wenn er dies tut, dann ist es für die zurückbleibenden Angehörigen erträglicher, sich vom Sterbenden verabschieden zu können. Denn Organentnahme bedeutet, dass der Körper in einer Phase, die für den Sterbenden sowie die Angehörigen hochsensibel ist, weggebracht wird. Die Widerspruchsregelung ist für mich ein inakzeptables Mittel, weil sie medizinethische und verfassungsrechtliche Grundsätze verletzt. Es darf nicht sein, dass das Menschenrecht auf Unversehrtheit des Körpers nur noch gilt, wenn es eingefordert wird. Ausserdem lässt es sich wissenschaftlich nicht nachweisen, dass die Widerspruchsregelung zu mehr Spenden führt. Auch die nationale Ethikkommission sieht daher keinen Anlass, die Rechtsgrundlage in dieser Hinsicht zu ändern. Gemäss Umfragen ist ein beachtlicher Teil der Bevölkerung grundsätzlich bereit, Organe zu spenden. Deshalb erscheint es mir der richtige Weg, die jetzige Zustimmungslösung beizubehalten und verstärkt darauf hinzuarbeiten, dass mehr Menschen ihren Willen festhalten. Damit das geschieht, braucht es regelmässige Information und Aufforderung für die Organspende.

 

(Ernst Ritzi)

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