Abdankungen im Ausnahmezustand
Mehrmals Telefonate und Mails zwischen Zivilstandsamt, Landeskirche und Führungsstab der Gemeinde. Einige Tage herrschte Ungewissheit und auch in meinem Kopf ein Chaos, bis dann endlich am 25. März eine gesamtschweizerische Regelung kommuniziert wurde.
Und dann kommt auch schon die erste grosse Entscheidung für die Angehörigen – die nächste Unsicherheit: Abschiedsfeier ja oder eine Verschiebung auf später (wobei momentan noch völlig offen ist, was dieses «später» bedeutet). Denn möglich ist nur eine Feier im engsten Familien-Kreis mit 10 bis maximal 20 Angehörigen. Und ebenso schmerzhaft vermisst wird das Zusammenkommen für ein Essen nach der Feier. Alle Restaurants sind geschlossen und zudem ist es auch privat verboten.
2 Meter Distanz in einer Situation, in der man sich umarmen möchte
Und schon kommt diese Einsicht, dass jenes ebenfalls nicht geht, was wir bei einem Todesfall mit der verstorbenen Person schon schmerzvoll vermissen: Nähe! Auch im Familienkreis gilt die Abstandsregel von 2 Metern. 2 Meter Distanz in einer Situation, in der man sich umarmen möchte, eine Berührung mehr sagen kann als jedes einzelne Wort, ein fester Händedruck oder ein naher Blickkontakt wie Balsam auf die Seele wirkt. Aber es darf nicht sein – nicht im Trauergespräch und nicht während der Abdankungsfeier – jetzt spüren wir, was Distanz und Einsamkeit auch im Alltag mit uns machen kann.
Aber trotzdem: Auch das Abschiedsfeiern auf Distanz tröstet. Worte und Musik kommen an – vielleicht sogar mehr als sonst, wenn es keinen Alltag gibt, aus dem wir kurz heraustreten und etwas später gleich wieder eintreten. Trotz allen Schwierigkeiten hat diese Zeit also auch etwas Heilsames: Der Tod gilt nicht nur für die Verstorbenen, er gilt auch für uns, er ist uns immer ganz nahe. Und es gibt eine Botschaft, die ich hier und überall verkünden kann - unsere DNA des Glaubens: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Unser Leben hat Ewigkeitswert! Peter Solenthaler, Pfarrer in Herisau
Abdankungen im Ausnahmezustand