Alle 30 Minuten lüften

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21.09.2020
Gemeinsames Singen in Zeiten der Pandemie. Jochen Kaiser, Verantwortlicher für Musik und Gemeindeenwicklung der reformierten Kirche des Kantons Zürich, weiss, worauf es ankommt.

Herr Kaiser, kann man im Gottesdienst auf das Singen verzichten?
Jochen Kaiser: Singen ist ein grundlegender Bestandteil des reformierten Gottesdienstes, weil dadurch die Gemeinschaft gebildet wird, alle aktiv beteiligt sind und ihren Glauben zum Ausdruck bringen. Deshalb soll gesungen werden, wenn auch mit Vorsicht. Wir gehen auf die singfreudige Adventszeit zu. Fällt in dieser Zeit das Singen weg, ist das ein grosser Verlust für die Kirche. Deshalb brauchen wir praktikable und «sichere» Ideen, um gemeinsam singen zu können.


Singen mit Maske wäre eine Möglichkeit.
Kaiser: Hier unterschieden sich die einzelnen Schutzkonzepte in den Landeskirchen. In Zürich müssen Chöre keine Maske tragen, sie sollen Abstand halten untereinander und besonders zur Gemeinde.

Wie ist es mit Singen im Freien?
Kaiser: Im Freien ist die Ansteckungsgefahr deutlich reduziert, sodass die Abstände geringer gewählt werden könnten als in einem Saal – draussen vielleicht eineinhalb Meter, und im Saal zwei Meter.

Wie verändert sich die Akustik, wenn man im Freien singt und Abstand zueinander hält?
Kaiser: Die Akustik ändert sich wenig, wohl aber das Gefühl der Sängerinnen und Sänger, weil die anderen weniger zu hören sind. Das fördert das eigenständige Singen, aber für einige Chorsängerinnen und -sänger ist es eine Herausforderung.

Welche Musik eignet sich, um dieser Herausforderung Rechnung zu tragen?
Kaiser: Das hängt von den Sängerinnen und Sängern ab. Mehrstimmige Chorwerke sind komplexer als einstimmige Lieder. 

Worauf sollte man beim Singen in geschlossenen Räumen achten?
Kaiser: In den Räumen ist Abstand zentral. Es sollte höchstens 30 Minuten geprobt werden, danach braucht es ein gute Lüftung, die wirklich Luftaustausch bewirkt – oder man sollte den Raum wechseln.

Ist es möglich gemeinsam «über das Internet» zu singen?
Kaiser: Über Zoom kann man nicht gemeinsam musizieren. Es gibt bessere Möglichkeiten, aber eigentlich keine, die langfristig funktionieren. 

 

Interview: Stefan Degen | Foto: Tim Wegner / epd-Bild  – Kirchenbote SG, Oktober 2020

 

 

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