Chili con Kirche
Der Sommer neigt sich dem Ende entgegen und mit ihm geht die Hitze. Denke ich. Meine Frau denkt da anders. Sie erklärt in immer wieder kehrender Litanei: «Menschenskind, ist das warm! Ich bin Mitteleuropäerin und brauche diese Wärme nicht!» Ich frage mich, wovon sie eigentlich redet, während ich überlege, welches meiner Chilipulver ich heute über mein Essen streue. Ich schwitze nicht und werde gerne auch verlacht, wenn ich mit der geliebten Daunenweste hinausgehe. Was ist da los? Klimawandel, Altersfrieren, Menopause? Wohl irgendwas dazwischen.
Jedenfalls frage ich mich, wo das endet. Sie, stets feurig, ich mit Bettflasche unter der Decke? Da komme ich schlecht weg, macht es doch mehr her, wenn man hitzig und temperamentvoll daherkommt. Ich denke an eine alte Lady, die auch schon mal feuriger war und je länger, je mehr ein Strickjäckli braucht um nicht auszukühlen. Wenigstens wird das unserer alten Lady, der Kirche nachgesagt. Denn, auch wenn in ihr über vieles hitzig debattiert wird, brennt ihr Feuer manches Mal sehr auf Sparflamme. Dabei wissen wir doch, dass ein Chili con oder sin carne ohne Chili seinen Namen nicht verdient. Oder besser, eine Debatte ohne Pfiff blosse Zeitverschwendung ist.
Jesus redet von «lebendig, kräftig und stärker». Genau so soll es sein. Nicht lau hinter dem Ofen, aber bitte auch nicht überheizt. Irgendwas dazwischen. Jetzt komme ich ins Lamentieren und laufe Gefahr, das eigene Nest zu beschmutzen. Das liegt mir fern. Weiss ich doch, dass so viel in der Kirche gemacht wird, immer wieder ein Feuer entfacht und auch am Laufen gehalten wird. Dafür braucht es im Übrigen frischen Wind, sonst brennt das Feuer nicht recht. Und Abkühlung darf ja auch sein. In den Sommermonaten steht stets ein Schild bei uns vor der Stadtkirche in Glarus: «Lust auf eine Erfrischung? In unserer Kirche herrschen angenehme Temperaturen und eine Erfrischung steht für Sie auch bereit!» Manchmal sollte man eben auch einen kühlen Kopf bewahren.
Es gibt also nicht nur schwarz und weiss, Grautöne dürfen auch sein. Jesus sagt zwar, eure Rede sei Ja oder Nein und nicht Jein, aber das ist schon ein hoher Anspruch. Es ist doch wie bei uns zu Hause. Gegen die Hitze hilft Abkühlung, gegen die Kälte eben eine warme Decke. Das ist ja auch nicht schlimm. Das passt schon gut zusammen. Ich merke allerdings, dass ich hier langsam ins laue Schwafeln komme und ich mehr und mehr mit Allgemeinplätzen hantiere, Floskel an Floskel reihe. Das will ich auch nicht. Da entfache ich doch lieber ein paar neue kreative Ideen, die ich aktiv umsetze. Der Sommer ist vorbei und mit ihm die Hitze, die eine freut´s, den anderen nicht so. Aber wir wissen ja: «Alles hat seine Zeit…» Und jetzt ist es Zeit zu schliessen.
Sebastian Doll
Sebastian Doll ist Kirchenrat der evangelisch-reformierten Landeskirche Glarus und Pfarrer in der Kirchgemeinde Glarus-Riedern.
Chili con Kirche