Christliche Chefs machen mobil

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15.03.2016
Verantwortungsträger aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik diskutieren am dritten Forum christlicher Führungskräfte in Bern, wie man im Arbeitsalltag ethisch handelt.

Beim Thema Wirtschaft denken viele an ausbeuterische Konzerne und gierige Manager. Stehen wirtschaftliches und christliches Handeln nicht im Widerspruch? «Nicht unbedingt», sagt Nica Spreng, Pfarrerin, Coach und Programm-Managerin des Forums christlicher Führungskräfte: «Christliche Werte können wirtschaftliches Handeln prägen: Ich kenne beispielsweise einen Unternehmer, der wie alle anderen schwer zu kämpfen hat mit der Frankenstärke. Trotzdem setzt er sich für eine Mitarbeiterin ein, die in einer persönlichen Krise steckt, damit sie einen Ort findet, wo sie sich professionell helfen lassen kann.» Die Aargauer Pfarrerin verweist auf Christen mit einer klaren Vision wie beispielsweise Robert Roth: «Er baute in Basel mit der Job Factory ein Unternehmen auf, um Jugendlichen den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer lassen andere an ihrem Erfolg teilhaben und unterstützen sozialdiakonische Projekte.»

Aus Sicht einer Politikerin
Im Patronatskomitee des Forums christlicher Führungskräfte sitzt zum Beispiel CVP-Ständerätin Brigitte Häberli. «Als Verantwortungsträger, die zu ihren christlichen Wurzeln stehen, sind wir besonders gefordert», betont die Politikerin. «Es ist gerade in der heutigen Zeit zentral, dass wir Respekt, Toleranz, Anstand und Nächstenliebe im Alltag bewusst leben. Wir müssen uns nicht scheuen, die christlichen Grundwerte selbstbewusst und offen zu vertreten und auch im Geschäftsleben daran festzuhalten.»

Weiterer Exponent des Patronatskomitees ist Jean-Daniel Gerber, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Wirtschaft (Seco). Der Ökonom ist Präsident des Vereins Swiss Sustainable Finance und setzt sich für nachhaltige Finanzierungen ein. Die Begriffe Ethik und Nachhaltigkeit hätten einen entsprechenden Stellenwert: «Eine Investition sollte sozial vertretbar sein und die Umweltfaktoren berücksichtigen: das ist ethisch. Die Investition muss auch finanziell einen Ertrag abwerfen: das ist nachhaltig. Sonst hat sie den Charakter einer Spende.»

Wirtschaft muss dienen
Die Tätigkeiten der Redner am Forum 2016 lesen sich zusammen wie die Rollen eines Theaters: Chefs und Chefinnen aus Wirtschaft und Politik, Berater, Bildungsverantwortliche, Theologen, ein Mönch und ein Chefarzt – sie alle wollen Führungskräfte und Teilnehmer des Forums mit ihren Gedanken inspirieren. Einer davon ist Stephan Feldhaus, Kommunikationschef des Basler Roche-Konzerns und katholischer Theologe, der seine Sicht zuspitzt: «Eine Wirtschaft, die nicht dient, dient zu nichts.»

Die Welt als falscher Film
Eine kritische Stimme erhebt Bestsellerautor Manfred Lütz. Er fragt sich, was wohl wäre, wenn wir alle in einer gefälschten Welt lebten: «Manchmal fühlt man sich wie in einem falschen Film.» Lütz setzt sich am Forum mit der Thematik seines Buches «Bluff! Die Fälschung der Welt» auseinander. Der studierte Mediziner, Philosoph und Theologe ist Chefarzt in Köln und vor allem in deutschen Medien ein gefragter Interviewpartner.

Das diesjährige Forum steht unter dem Titel «Vision trifft Ressource». Der Lehrer, Autor und Managementberater Thomas Härry bringt es auf den Punkt: «Visionen müssen auf Ressourcen treffen, damit sie vom Boden abheben können.» Härry ist unter anderem Fachdozent für Theologie und Leiterschaft am Theologisch-diakonischen Seminar in Aarau. Über den richtigen Umgang mit diesen Ressourcen spricht der Benediktinerpater Markus Muff. Als Mönch zieht er Parallelen vom Kloster zur Wirtschaft.

Startups am Forum
Ganz im Sinne von Jean-Daniel Gerber stehen Nachhaltigkeit und die Förderung unternehmerischen Denkens im Fokus des Forums: Am ersten Nachmittag des Kongresses wird das Startup-Forum durchgeführt. Bereits im Vorfeld wurde ein Gründer-Wettbewerb lanciert: Die Sieger präsentieren ihre Projekte in Bern und hoffen auf gute Kontakte. Sie kommen aus dem Aargau, Luzern, Thun und Vaduz. Ihre Konzepte fokussieren schwergewichtig auf Innovationsmanagement, Solartechnologie und Arbeitsintegration.

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

Cyrill Rüegger / Kirchenbote / 15. März 2016

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