Das Bedürfnis nach Licht II

min
19.11.2018
Aus der Sicht von Melanie Muhmenthaler, Pfarrerin in Flawil

Lichterketten, Rentiere, Schlitten und Weihnachtsmänner. Von warmem Licht umstrahlt, zum Teil auch blinkend grell. 

So sehen in der Adventszeit manche Häuser und Vorgärten aus. Der bunte Coca-Cola-Truck macht in Schweizer Städten halt und erleuchtet Kinderaugen. Man kann dies kritisch sehen und einen gewissen Traditionsverlust beklagen. Man kann es aber auch als Ausdruck dessen sehen, dass viele Menschen in dieser dunklen Jahreszeit das Bedürfnis nach etwas Besonderem haben. Das Bedürfnis, dass die dunklen Tage, die das Gemüt bedrücken, heller werden. 

Belebend und zerstörerisch
Licht tut gut. – Licht ist trotzdem zwiespältig. Wer ohne Augenschutz direkt in die Sonne blickt, erblindet bald. Wer seine Haut nicht schützt, riskiert Verbrennungen und Hautkrebs. Und die Weihnachtsdekoration? Was den einen als schöne, lustige Dekoration gilt, kann die Nachbarn ärgern als blendende Geschmacklosigkeit. Licht hat belebende, aber auch zerstörende Kraft.

«Licht tut gut, trotzdem ist es zwiespältig.» 

Die Bibel ist voller Lichtmetaphern. Gott spricht Licht in die Dunkelheit (Gen 1,3). Jesus Christus ist das Licht der Welt; Diejenigen, die ihm folgen, haben das Licht des Lebens (Joh 8,12) und werden selbst Licht der Welt genannt (Mt 5,14).

Ambivalenzen bestimmen das Leben

Aber Zwiespältigkeiten bestimmen das Leben bis in den Bereich des Heiligen hinein. Auch das Gotteslicht ist zwiespältig. Es ist lebensspendend, kann aber zerstören. Mose darf Gott nicht von Angesicht zu Angesicht schauen, denn wer Gott sieht, stirbt (Ex 33, 20). Ambivalenzen bestimmen das Leben. 

Wir versuchen, die lebensfreundlichen Teile zu stärken. Darum haben wir wohl jetzt das Bedürfnis, unsere Häuser mit sanftem Licht und friedlich-fröhlichen Dekorationen zu schmücken. Die Bibel spricht auch von unserer Sehnsucht nach Licht. Im Advent macht die göttliche Botschaft das Leben hell. Sie sagt uns: «Wer auf das göttliche Licht vertraut, muss keine Angst vor Ambivalenzen des Lebens haben.»

Das göttliche Licht erscheint und spricht Licht in unsere Dunkelheiten.

 

Kirchenbote SG, Dezember 2018

Unsere Empfehlungen

Kirche Grabs wird saniert

Kirche Grabs wird saniert

«Gestern und heute und derselbe in Ewigkeit» … dies gilt für Jesus Christus, aber nicht für die reformierte Kirche Grabs. Sie soll saniert werden.

«Ich bin eine begeisterte Reformierte!» (1)

Rita Famos, Präsidentin der Evangelischen Kirchen Schweiz (EKS) verriet am Podiumsgespräch in Teufen, was sie motiviert und was ihr schlaflose Nächte bereitet. Seit 2021 ist sie die Frau an der Spitze der EKS. Sie stellte sich kürzlich den Fragen von Pfarrerin Andrea Anker und jenen aus dem ...