Das erste Glarner Foodsave-Bankett

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14.06.2022
Gemäss einer Studie der ETH Zürich verschwendet die Schweiz jährlich 2,8 Millionen Tonnen Lebensmittel. Die Glarner Kirche machte vor, wie man 600 Personen mit Speisen verköstigt, die im Müll gelandet wären.

Am Pfingstwochenende fand der kantonale Kirchentag im ganzen Kanton Glarus statt. Einer der Höhepunkte: Das Foodsave-Bankett für 600 Personen. Lebensmittelverschwendung im eigenen Haushalt zu minimieren, das ist ambitioniert. Für 600 Personen ein 3-Gang-Menü zu kochen, hört sich dagegen nach einer Mammutaufgabe an.

Im Gespräch mit der Programmchefin des Kantonalen Kirchentags Cornelia Deuber wurde klar, was für eine gewaltige Logistik dahintersteckt: Um das Gemüse und Obst einzusammeln, das weggeschmissen werden sollte, plante man schon Wochen vor dem Bankett Sammeltouren. Diese waren so ausgeklügelt, dass in einem Umkreis von 20 Kilometer rund um Glarus möglichst wenig CO2-Emissionen entstanden und insgesamt nur sechs Touren nötig waren. Die Lebensmittel wurden danach mit Einkochen und Einfrieren haltbar gemacht und kurz vor dem Bankett weiterverarbeitet.

Kostenloses 3-Gang-Menü
Wie Cornelia Deuber auf die Idee kam, ein Foodsave-Bankett durchzuführen? Die Erklärung ist einfach: Im Sinne des kantonalen Kirchentags war es ihr wichtig, dass die Kirche zu den Menschen kommt und sie einlädt, an einem Tisch zu sitzen. Wie Jesus damals mit seinen Jüngern an einem Tisch sass und Essen und Getränke genoss, so sollten die Menschen im Kanton metaphorisch mit den Kirchen an einem Tisch sitzen können, sagt Deuber. Dementsprechend war das 3-Gang-Menü kostenlos, nur für Getränke wurde ein kleiner Obolus entrichtet.

Die Bewahrung der Schöpfung war der zweite Kerngedanke von Cornelia Deuber. Die Mengen an Lebensmitteln und Getränken, die man auf den Touren eingesammelt hatte, reichten locker aus um 600 Menschen satt zu machen. «Irgendwann mussten wir sogar Lebensmittel ablehnen, weil wir sie nicht mehr hätten verarbeiten können», erzählt sie. «Ich finde es enorm wichtig, dass wir die Menschen sensibilisieren, achtsamer mit den Ressourcen umzugehen, und so einen Teil gegen die Klimakatastrophe beizutragen. Ich denke, mit diesem Abend ist es uns gelungen», stellt Cornelia Deuber fest. Unterstützung erfuhr das Foodsave-Bankett nicht nur von den Kirchen und vom Verein Ässä fair teilä Glarnerland, sondern auch von Fabian Noser und seinem Team der Gastrowaerchstatt.

Feierliche Tafel mit «Abfall»
So verwandelte sich am Pfingstsamstag der Glarner Güterschuppen in ein grosses Bankett: Die langen Tafeln waren festlich gedeckt, gegessen wurde von Porzellangeschirr, Palmen und dezentes Licht sorgten für eine wunderbare Atmosphäre und die fast sommerlichen Temperaturen lockten den einen und anderen ins Freie. Die Gäste kamen miteinander ins Gespräch, während sie als Vorspeise Kürbis-Suppe oder Salat genossen, danach den Hauptgang aus feinem Gemüse-Curry mit Reis und als Nachspeise Vanille-Glacé, Apfelkuchen, Apfelmus und der obligatorische Schlagrahm. Immer wieder hörte man das Erstaunen darüber, dass alles, was dort aufgetischt wurde, eigentlich im Müll gelandet wäre. An manchen Tischen diskutierte man, wie man zu Hause Lebensmittelverschwendung vermeiden kann und wie Foodwaste entsteht, weil Obst und Gemüse, die nicht der Norm entsprechen, auf dem Feld verrotten, oder die abgelaufenen Lebensmittel in den Läden im Müll landen.

Johanna Goering, kirchenbote-online

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