Kirchgemeinde Unteres Toggenburg weiht ihre erweiterte Kirche ein

Das Fundament für die Gemeinschaft ist gelegt

von Katharina Meier
min
12.08.2024
Der Aufforderung, die neuen Räume der reformierten Kirche in Lütisburg zu beleben, folgten am Wochenende rund 800 Personen. Es war ein Fest der Freude, des Zusammenseins, des Austausches und nicht zuletzt des Aufbruchs.

Denn als die Evangelische-reformierte Kirchgemeinde Unteres Toggenburg sich im Jahr 2022 für eine Erweiterung für 2,2 Mio. Franken entschied, schwangen mehrere Gründe mit. Einerseits sollte ein Verkauf der Kirche abgewendet, das Gebäude vielfältig genutzt und andererseits die Gemeinschaft mehr ins Zentrum gestellt werden.

Sturheit des Pfarrers

Dies war beim Kirchenbau 1937 ganz anders. Die Baukommission von damals kämpfte gegen die Sturheit des Pfarrers, dem eine über dem Dorf thronende Kirche an einen erhabenen Ort vorschwebte und der darauf beharrte, dass die Kanzel, ganz reformiert, vorne in der Mitte sein sollte. Es kam anders. Der Pfarrer nahm irgendwann nicht mehr an den Sitzungen teil. Kassier, Präsident und Architekt entschieden sich für den heutigen Standort. Die Kirche musste vorerst ohne Toilette auskommen, dafür mit einer Kanzel am linken Rand des Schiffs.

Zugespitztes Theater

Pfarrer Fabian Kuhn hat aufgrund von Protokollen ein Theater in fünf Szenen zum Kirchenbau geschrieben. Gewiss, es war zugespitzt, zeigte aber, dass die Reformation immer noch nachwirkte, die Loslösung von der paritätisch genutzten Kirche auf dem Schlosshügel ein innigster Wunsch der Reformierten war, sich die beiden Konfessionen nichts schenkten. «Auch die heutige Lösung ist nicht perfekt», so Kuhn, aber in der jetzigen Baukommission sei die Energie der Reibung in neue Gespräche und Kompromisse geflossen. Und die Gräben von damals seien nicht mehr: So spielten Konfessionslose, Katholiken und Reformierte das Theater, allen voran der amtierende katholische Kirchenverwaltungsratspräsident. Er verkörperte den reformierten Pfarrer.

«Ihr seid Gottes Tempel»

Das Miteinander beider Konfessionen soll auch weiterhin gepflegt werden: Bei Grossanlässen sind die Reformierten Gast in der katholischen Kirche. «Die Katholiken ihrerseits können unsere neuen Räume nutzen», so Kuhn im sonntäglichen Festgottesdienst. Hier lieferten sich Kuhn und die Sozialdiakonin Petra Glatthard ein theologisches Streitgespräch. Es endete in der Erkenntnis, dass die Erweiterung kein Werk Gottes sei, sondern ein Werk der Gemeinschaft, die wirkt und in der Gott präsent ist. «Ihr seid Gottes Tempel», so das Pauluswort, und dazu brauche es ein gemeinsames Fundament und die Menschen als «lebendige» Steine, sagte Glatthard. Oder in den Worten Kuhns: «Die Gemeinschaft bildet den Tempel und macht den Gottesdienst.»

Festreden

Kurz und prägnant waren schliesslich die fünf Festreden. Jüge Rüdlinger vom Architekturbüro Skizzenrolle erklärte, wieso der Umbau so dasteht, wie er heute dasteht: Als Raum für Jung und Alt, offen, transparent wie die Kirchgemeinde und nicht am alten Baubestand haftend. Baukommissionpräsident Enzo Fuschini dankte seinen Vorstandskollegen und Bauleiter Nöbi Helg: «Wir haben vieles gut gemacht, jeder und jede hat seinen Fähigkeiten zum Wohl des Baus eingebracht.» Der katholische Kirchenverwaltungsratspräsident Remo Walder gratulierte zum Bau, dieser offenen Kirche, die für ihn Behaglichkeit und Gemütlichkeit ausstrahle. «Wir sind beschenkt worden mit einem wunderbaren Begegnungsraum.»

«Wir sind nach wie vor in einer Kirche»

Gemeindepräsidentin Imelda Stadler ihrerseits lobte die gute Zusammenarbeit mit der Behörde. Kivo-Präsidentin Annelies Gämperle schloss sich ihren Vorrednern an und wünscht sich, dass man sich bewusst sei, dass «wir nach wie vor in einer Kirche seien». Kirchenrätin Annina Policante von der St. Galler Kantonalkirche verzichtete auf grosse Worte und überreichte ihr Geschenk an die Verantwortlichen im Stillen.

Zum Bersten voll

Wie am Festgottesdienst und am Theater so war die Kirche auch bei der Aufführung der Sonntagschulen am Samstag zum Bersten voll. 31 Kinder weilten zuvor eine Woche in Obersaxen im Lager, wo sie ihr Stück über die Geschichte Abrahams einstudierten. Anklang im wahrsten Sinne des Wortes fand auch das Konzert von David Schmucki und Levin Ulmann. Sie zeigten mit Filmmusik, Märschen und Musik aus dem Barock, dass auch mit der neuen elektronischen Orgel laute und sanfte, hart und weiche Töne angeschlagen werden können, das Spektrum grösser ist, der Bass noch stärker im Bauch brummt als früher und das Kirchenschiff weiterhin ein wunderbarer Resonanzkörper bleibt.

Ein Fest der Freude, ein Fest mit Freude

Über die zwei Tage gab es neben diesen Programmschwerpunkten für alle gratis Essen und Getränke. Junge Erwachsene rührten und schüttelten fast rund um die Uhr Cocktails. Die Rundgänge und Führungen durch die erweiterte Kirche wurden rege genutzt. Die Ausstellung fand Anklang. Im Schatten des Baumes spielten, hüpften und malten die Kinder. Und unter den Sonnenschirmen oder im Innern des Anbaus scharten sich die vielen Gäste um die Tische: Begegnung fand statt. Es war ein Fest mit Freude, das den Grundstein für weitere gemeinschaftliche Anlässe legte.

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