«Das geht gar nicht»
Ein Totenkopf-Motiv fehlt ihm noch auf seiner Haut. Viel Platz ist nicht mehr. Ausser in seinem Gesicht zieren jetzt schon viele Motive den drahtigen Körper von Claude Bachmann. Tattoos sind die Leidenschaft des Churer Religionspädagogen und Theologiestudenten. Denn für ihn sind die Bilder die Spuren seines Lebens.
Gegen den Strom schwimmen
Er trägt Tattoos vor allem dort, wo man sie sieht, und sagt: «Für mich ist mein Körper mein Tagebuch. Alles, was in meinem Leben Spuren hinterlassen hat, will ich auf meinem Körper verewigen.» Mit seiner Erscheinung ist Claude Bachmann schon immer gegen den Strom geschwommen. Früher hat er seine langen Haare schwarz gefärbt. Auch die Fingernägel lackierte er manchmal schwarz. Metal-Musik hört er bis heute. Bachmann über sich: «Ich versuche, ein konstruktiver Querdenker zu sein. Schon mit der Berufswahl Religionslehrer lag ich im Kollegenkreis quer.»
Club der toten Dichter
Sein erstes Tattoo entstand vor zehn Jahren. Während einer Reise durch Alaska liess er sich auf die Hand das Wappen dieses Landes tätowieren. «Erstmals war ich ganz allein in der Wildnis unterwegs. Das war sehr prägend für mich», sagt er. Bachmann ist auch ein Filmfreak. Auf seinem inneren linken Oberarm ist der Satz «O Captain! My Captain!» zu lesen. Das Zitat stammt aus einem Gedicht von Walt Whitman und ist eine Aussage aus seinem Lieblingsfilm «Der Club der toten Dichter». Der Bündner sagt dazu: «Dieser Lehrer mit seinem aufklärerischen Geist, der versucht, junge Männer mit Leidenschaft zu beseelen und ihre Talente zu wecken, hat mich sehr fasziniert.» Bei der Arbeit mit jungen Menschen lässt er sich von diesem Vorbild leiten.
«Mein Herr und mein Gott»
Seine Tattoos geben aber auch Einblick in die spirituelle Ausrichtung. «Sie sind mein Glaubenskenntnis.» Auch Niklaus von Flüe musste auf die Haut. Zu diesem Eremiten hat er einen besonderen Draht. Auf der rechten Seite seines Oberkörpers liess er sich das Gebet «Mein Herr und mein Gott» tätowieren. Bereits zuvor fand in Rom das Bruder-Klausen-Rad auf dem linken Unterarm Platz. In Alaska liess er sich ein Taizé-Kreuz stechen. Auch das Tattoo, das er sich nach seiner Reise auf dem Franziskus-Pilgerweg von Canterbury nach Rom stechen liess, zeugt von seiner Spiritualität. «Diese Erfahrung musste auf den Körper.»
Ein Tattoo aus Jerusalem
Mit seinen Tattoos ist Bachmann ein Hingucker. Die Blicke bleiben an ihm hängen. Seltsamerweise, so der 34-Jährige, kämen aus dem kirchlichen Umfeld kaum Reaktionen. Nur einmal erhielt er Schelte: «Nach einem Podium kam eine ältere Frau auf mich zu und sagte: ‹Das, was Sie sagen, ist ganz gut. Ihre Tattoos aber, die gehen gar nicht!›»
Natürlich hat er sich das Buch «Tattoo & Religion» von Paul-Henri Campell gekauft. Darin hat er von der palästinensisch-christlichen Familie Razzouk erfahren, die seit Jahrhunderten in Jerusalem Pilger tätowiert. Claude Bachmann sagt: «Dort würde ich mir sofort ein religiöses Motiv stechen lassen.»
Text | Foto: Vera Rüttimann, kath.ch – Kirchenbote SG, Juni-Juli 2020
«Das geht gar nicht»