Der älteste Konzertchor der Schweiz feiert

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27.12.2019
Am 2. Januar 1620 gründeten acht musikbegeisterte Gymnasiasten das collegium musicum civitatis sangallensis. Damit beginnt die 400-jährige Geschichte des heutigen Oratorienchors St. Gallen, der sein Bestehen über mehr als 15 Generationen von Sängern und später auch Sängerinnen nachweisen kann. Am 20. Januar, um 19 Uhr, wird in der St. Laurenzenkirche die Geschichte in Buchform präsentiert.

«Am zweiten Jänner 1620 tobte im Hochtal der Stadt St. Gallen ein wilder Schneesturm.» So beginnt der Bericht über die Gründung in einer Jubiläumsschrift zum 300-jährigen Bestehen des Chors. Die romantisch-dramatische Naturbetrachtung des damaligen Chronisten J. Heim führt in die geheizte Stube von Zacharias Büngier, der seine sieben Freunde empfängt. Sie stimmen ihre Instrumente und beginnen mit einem Choral, «… der den im Gange zuhörenden Mägden und Hausleuten grosse Freude macht, ihre Herzen höherschlagen lässt und die trüben Wintergedanken verscheucht…». 

Zuhörerschaft erfreuen
Zu Beginn also schon erfreute Zuhörer! Dies wird bis heute ein wichtiges Anliegen der Vereinigung bleiben. Die acht Jünglinge beschliessen, sich täglich zum Musizieren zu treffen und geben sich «leges», was etwa heutigen Statuten entspricht. Wenn Heim schreibt: «Erfreulicherweise sind uns ihre Aufzeichnungen und Protokolle erhalten geblieben», unterstreicht dies der Chor auch heute noch ausdrücklich. 

Köstlichkeiten und ästhetische Perlen
Der reiche Schatz, der sich über die Jahrhunderte angesammelt und dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend gewandelt hat, liegt als Quellenmaterial einem Jubiläumsbuch zugrunde, das am 20. Januar in der Laurenzenkirche Vernissage feiern wird. Das 204-seitige Buch «aussergewöhnlich – lebendig – verankert. 400 Jahre Oratorienchor St. Gallen» stellt die Chorgeschichte in den Kontext von Musikentwicklung und Wandel der Stadt. Es sind aber auch Zeitzeugnisse, Köstlichkeiten und ästhetische Perlen darunter, welche die Chortradition auch musikalisch interessant machen.

Palmsonntagskonzerte
Der Ort der Buchvernissage ist nicht zufällig gewählt: In der St. Laurenzenkirche finden seit mehr als 160 Jahren die traditionellen Palmsonntagskonzerte statt, die kommenden sind am 4. und 5. April geplant. Es erklingt neben dem Deutschen Requiem von Johannes Brahms die Uraufführung einer Jubiläumskomposition: Im Auftrag des Oratorienchors vertonte der St. Galler Komponist Alfons Karl Zwicker zwei Gedichte von Nelly Sachs, deren Todestag sich in diesem Jahr zum 50. Mal jährt. Das Werk trägt den Titel: «Ohr der Menschheit, würdest du hören?»

Ausstellung in der Vadiana
Vom 7. September bis 2. Oktober zeigt eine Ausstellung im Vadiana-Gebäude die reiche Sammlung an Archivalien und Gegenständen, die sich in vier Jahrhunderten angesammelt haben. Der Musikwissenschaftler Emanuel Signer hält am 18. September im Rahmen der Ausstellung einen Vortrag zum musikgeschichtlichen Stellenwert des Chors. Umrahmt wird der Vortrag vom Jubilar selbst: dem Oratorienchor St. Gallen.

 

Text: pd/meka, Foto: zvg   – Kirchenbote SG, 27. Dezember 2019

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