Der flexible Macher

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23.04.2019
Tobias Kobelt (36) arbeitete erfolgreich im Bankwesen, war Mitinitiant und Verwaltungsrat eines Brauerei- und Gastronomiebetriebs, baute den ersten Toggenburger Coworking Space (s. Kasten) mit auf, gründete sein eigenes Beratungsunternehmen, engagiert sich in Vereinen und für die Region. Was treibt einen Macher wie ihn an?

Seine Agenda ist eigentlich voll. Doch Tobias Kobelt schaufelt kurzfristig für ein Gespräch gerne eine halbe Stunde frei. «Man muss umpriorisieren können, jeden Tag aufs Neue.» Die Flexibilität beschränkt sich nicht auf seine Terminplanung, sie kennzeichnet Tobias Kobelts Haltung und seinen Arbeitsplatz.

Offenheit des Vaters als Vorbild
Als Vorbild nennt der Betriebsökonom spontan nicht weltbekannte Unternehmergrössen, sondern seinen Vater, einen langjährigen Gemeindepräsidenten. «Wie ich bin, wie ich arbeite, welche Werte ich mit gutem Gewissen vertrete – da prägte er mich stark.» Die vom Vater übernommene Zuverlässigkeit und die Offenheit gegenüber neuen Entwicklungen, aber ebenso die Verbundenheit zum Toggenburg: Sie standen Pate beim Aufbau des «Macherzentrums». So nennt sich der Coworking Space, den Tobias Kobelt mitinitiierte und als Arbeitsplatz nutzt. 

Voneinander Lernen bei der Arbeit
In der alten Lichtensteiger Post erinnern die Schaltertheken an die Vergangenheit. Gelebt wird aber eine Arbeitsform der Zukunft.

«Am Tagesende mit gutem Gefühl heimkehren – letztlich lebt man für diese Zufriedenheit.»


Tobias Kobelt teilt sich Büro- und Sitzungsräume mit anderen Macherinnen und
Machern: «Es ist zum Teil streng, aber auch sehr spannend, meine eigenen Horizonte
erweitern sich sehr.» Menschlich und punkto Flexibilität lerne er enorm viel im Neben- und Miteinander all dieser unterschiedlichen
Persönlichkeiten und Berufsfelder. Das hier wachsende Netzwerk will nicht nur der
individuellen Vernetzung dienen, sondern auch die Innovation in der Region fördern.

Anerkennung als Ansporn
Tobias Kobelt schlug zugunsten seiner Selbstständigkeit eine Karriere im Bankkader aus. Aber was treibt ihn an, wenn nicht Aufstieg oder Managergehalt? «Wenn du an einer Mehrheit der Arbeitstage mit einem guten Gefühl heimkommen kannst – letztlich lebt man für diese Zufriedenheit.» Etwas erreicht, geschafft zu haben – und Anerkennung von aussen: Ohne die Wertschätzung für die Qualität seiner Arbeit oder den Einsatz für die Region wäre seine Zufriedenheit gefährdet. Seiner privilegierten Situation ist er sich bewusst: «Ich habe Arbeit, die mir Freude macht.» Nicht allen sei es in unserer Gesellschaft möglich, erfüllt beschäftigt zu sein. Andere auferlegten sich beruflich und privat zu viel Optimierungsdruck – auch weil bei uns ein Scheitern leider noch viel zu stark als Versagen gelte und tabuisiert werde. 

Ausgleich durch Abwechslung
Er selbst fühlt sich durch die Vielfalt seiner Projekte ausgeglichen; so bleibe er mental frisch, trotz hohem Arbeitspensum. Ein erfolgreicher Macher ist für Tobias Kobelt eine gute Mischung aus Probieren und Studieren. Er selbst wirke viel lieber im Hier und Jetzt, als weit in die Zukunft zu planen – auch weil sich die Arbeitswelt so schnell und stark verändert. Seine Hoffnung: Auch in 40 Jahren noch mit Freude beschäftigt zu sein – und zufrieden zurückschauen zu können. 

www.macherzentrum.ch

 

Text: Philipp Kamm | Foto: Katharina Meier  – Kirchenbote SG, Mai 2019

 

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