Der Glockendoktor aus Krinau

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01.02.2011
Max Bretscher aus Krinau verbringt zwei Wochentage im Büro, die andern drei Arbeitstage auf Kirchtürmen in der ganzen Ostschweiz. Er wartet über 150 Uhren und Glockenantriebe.

Als er sich für einen Beruf entscheiden musste, standen drei Optionen offen: Bauer, Förster oder Elektroniker. Sein Vater riet ihm zu Letzterem die andern Berufe könne er auch später noch erlernen. Heute, mit 55, ist Max Bretscher dankbar für den Rat seines Vaters. Als gelernter Elektroingenieur kann er im jetzigen Beruf, in dem er Uhrenanlagen und Glockenantriebe in Kirchen wartet, viele Tätigkeiten dieser Berufsrichtungen vereinigen. Er kann selbstständig Verantwortung übernehmen wie ein Bauer, er muss heftig anpacken und ist Kälte und Winden ausgesetzt wie ein Förster und er kann die von ihm bewunderte  Mechanik der Turmuhren und der Geläute mit modernster Elektronik verbinden, wenn er die Läutcomputer mit der aktuellen Läutordnung programmiert oder einen Elektro­antrieb der Glocke reparieren muss da kommt der Elektroniker zum Zug.

Einem Mesmer geholfen

Doch seinen heutigen «Traumjob», den man nicht erlernen kann, fand er über Umwege. Die Anforderungen, die an einen «Glockendoktor» gestellt werden, musste er sich Schritt für Schritt erwerben. Die Wegrichtung hat sich aber früh abgezeichnet. Schon als 13-Jähriger habe er dem damals über 75-jährigen Mesmer geholfen, wenn es darum ging, irgendwo hinaufzuklettern oder eine Apparatur zu reparieren. Als Bauernsohn lernt man halt so manches nebenbei, sagt Max Bretscher.

Nach seiner Lehre als Elektroniker, wo er mit der Steuerung von Textilmaschinen zu tun hatte, blieb er bis zum 22. Lebensjahr bei Heberlein in Wattwil. Neben vielem anderen pflegte er auch sein Hobby, die Fliegerei. Denn schon mit 16 hatte er sich zur «Fliegerischen Vorschulung» in Dübendorf gemeldet. Der Traum vom Fliegen zerbrach aber jäh, als er auf einem Übungsflug den Rhein mit der Thur verwechselte und munter durch ausländischen Flugraum sauste bei dem grossen Andrang reichte ein kleiner Fehler, um aus dieser Ausbildung auszuscheiden.

Von den Glocken gerufen

Max Bretscher aber blieb in Dübendorf, wo er als Instruktor während fünf Jahren Rekruten im Bereich der elektronischen Fernaufklärung unterrichtete es war die Zeit des Kalten Kriegs. So sehr ihm dies gefiel, so wollte er doch nicht in diesem Beruf alt werden. Öfters traf er Rekruten mit höherer Fachausbildung und merkte: «Was die können, das kann ich auch.» Kurz entschlossen immatrikulierte sich der 27-Jährige am NTB in Buchs für eine dreijährige Ausbildung ein mutiger Schritt, war er doch inzwischen verheiratet und hatte auch zwei Töchter mitzuernähren.

Er arbeitete dann für eine Firma, die elektronische Systeme für den öffentlichen Nahverkehr herstellt, doch die Arbeit war ihm zu anonym. In dieser Zeit zog es ihn zurück in seine Heimat, nach Krinau in sein Elternhaus. Zwölf Jahre später, 1997, ergab sich die Möglichkeit, für die Firma Muri Glocken- und Uhrenanlagen zu warten für Max Bretscher ein Traumjob. 

 

 

Text und Foto: Andreas Schwendender – Kirchenbote SG, Februar 2011

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