Die Kirche – eine sehr starke Marke

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25.03.2021
Verkaufen oder nicht? Das Schiff mit Glockenturm und Güggel auf der Spitze ist für viele optisches Wahrzeichen der Kirche. Doch die Kirche als solche ist Marke an sich. Was macht sie aus und wie kann sie am besten verkauft werden?

Es gibt verschiedene Zusammenhänge, in denen unsere Kirche etwas verkauft. Einerseits verkauft sie Kirchengebäude wegen Nichtgebrauchs. Das ist der Versuch, finanzielle Verlustpositionen loszuwerden. Andererseits muss die Kirche sich selbst als Dienstleisterin am Markt verkaufen, sich an Mann und Frau bringen, um «im Geschäft» zu bleiben. Das gebietet die Betriebswirtschaft. 

Kirchenmitglied als Kunde

Entsprechend werden Kirchenmitglieder heute als Kunden gesehen. Seelsorgerinnen und Seelsorger stehen dieser betriebswirtschaftlichen Sichtweise skeptisch gegenüber. Gerade die betriebswirtschaftliche Logik bereitet ja vielen Menschen auf dem Globus grosse Probleme und zerstört Vertrauen. Menschen werden ausgebeutet im Namen der Markt- und Betriebswirtschaft. Wo dies geschieht, sind die christlichen Kirchen als Verbündete der Ausgebeuteten populär und bedeutungsvoll. Dort wird die Nähe zur Kirche als Überlebensfaktor erkannt. Demgegenüber ist in Zentraleuropa der Austritt aus den christlichen Kirchen in Mode. Die Kirchen verzeichnen hier einen Kundenverlust. Eine Umschau im Gebiet des betriebswirtschaftlichen Risikomanagements zeigt: Kundenverlust gilt als das Risiko Nr. 1 für Unternehmen. Erlebt unsere Kirche das, was so manch grosse Firma und Marke durchmachte: ein stilles, langsames Sterben? 

Starke Marken sind einzigartig

Der Markenberater Wolfgang Schiller sagt, Marken begännen zu sterben, wenn sie schwach würden. Starke Marken dagegen böten etwas Einzigartiges, das sie wertvoll mache. Das sind aber nicht ihre Produkte, die kommen und gehen. Eine Marke gewinne dann immer neue Kunden, wenn das «selbstähnliche, vertrauensbildende Muster» der Marke «in der gesamten Wertschöpfungs-Kette durch das Markenmanagement gekannt und reproduziert» werde. Schiller vergleicht: «Man denke nur an die katholische Kirche, Meissner Porzellan oder den Reclam Verlag.» Ausgangspunkt zur Markenbildung sei eine überlegene Qualität. Aber Markenführung dürfe nicht auf die Produktwerbung reduziert werden. Markenführung heisse eben nicht, Produkte zu verkaufen, sondern das Vertrauen von Menschen zu gewinnen, die zu Kunden würden. 

Fachpersonen sind wichtig

Die evangelisch-reformierte Kirche des Kantons St. Gallen macht also grundsätzlich etwas richtig, wenn sie durch ihr Motto «Nahe bei Gott – nahe bei den Menschen» Nähe und Vertrauen schaffen will – vor Gott verantwortetes Vertrauen. Ihr Markenangebot ist das Evangelium. Wichtig ist die Qualität des Markenangebots, des Evangeliums, dessen Verkündigung und Umsetzung in den weiteren Erscheinungsformen. Dies impliziert nun den grossen Stellenwert von Fachpersonen, die das Evangelium in der Tiefe kennen, verantwortlich verkündigen und leben. Das sind die gut ausgebildeten Pfarrpersonen, Sozialdiakoninnen und Religionslehrer. Provozierende These: Sie sind die Markenführer. Zum schillernden Schluss seien fünf Empfehlungen des betriebswirtschaftlichen Experten für nachhaltige Markenführung genannt. Jede Leserin, jeder Leser ist zum eigenen Weiterdenken aufgefordert, wie weit diese Empfehlungen auf die Kirche übertragen werden können.

Text: Oliver Gengenbach, Pfarrer in Mogelsberg | Bild: kid/Andreas Ackermann – Kirchenbote SG, April 2021

 

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