Die Bibel in Bildern

Die längste Bibel der Welt kommt nach Rothenthurm

von Tilmann Zuber
min
09.10.2023
Die Wiedmann-Bibel wird am Kirchentag der reformierten Kirche des Kantons Schwyz zu sehen sein. Martin Wiedmann übergibt ein limitiertes Exemplar feierlich an Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Landeskirche der Schweiz.

Die Wiedmann-Bibel, auch bekannt als «die längste Bibel der Welt», ist ein aussergewöhnliches Kunstprojekt des Stuttgarter Künstlers Willy Wiedmann (1929–2013). Die handgemalte Bibel umfasst insgesamt 3333 Bilder des kompletten Alten und Neuen Testaments. Aneinandergefügt ergeben die Bilder eine Länge von stattlichen 1,2 Kilometern.

Die Besonderheit der Wiedmann-Bibel liegt in ihrer ungewöhnlichen Darstellung. Statt traditioneller Texte werden die Geschichten und Verse der Bibel in abstrakten und modernen Bildern erzählt. Die innovative Interpretation des Kunstwerks fasziniert – auch weil es die starke Verbindung von Kunst und Religion deutlich macht.

Schatz auf dem Dachboden entdeckt

Willy Wiedmann begann in den 1980er Jahren mit diesem Projekt und arbeitete 16 Jahre lang daran. Er entwickelte eine einzigartige Bildsprache, um die religiösen Geschichten in seinem persönlichen Stil zu interpretieren.

Nach dem Tod des Künstlers galt sein Opus jahrelang als verschollen. Bis es sein Sohn auf dem Dachboden entdeckte. «Als ich die 19 Leporellos in vier Alukisten auf dem Dachboden fand, war mir zunächst gar nicht bewusst, welchen Schatz ich da vor mir hatte», erzählt Martin Wiedmann. «Das wurde mir erst nach und nach klar, als ich las, was mein Vater dazu geschrieben hatte.» Sein Vater habe gehofft, dass eines Tages jemand die Bilder finden würde. «Dass es ausgerechnet sein Sohn sein würde, hätte er sich wohl nicht träumen lassen», sagt Martin Wiedmann. Gerne hätte der Vater die Bilder in einem Buch veröffentlicht. Doch für das damals unbezahlbare Unterfangen fand sich kein Verlag. Sein Vater sei eigentlich nicht besonders gläubig gewesen, meint der Sohn. Aber 16 Jahre Bibelstudium hätten schon etwas bewirkt, die Bibel habe ihn geprägt.

Bilder können alle verstehen

Willy Wiedmanns Mission begann, als er den Auftrag erhielt, die Pauluskirche in Stuttgart mit sakralen Motiven zu bemalen. Zwei Jahre lang stand er in der riesigen Kirche und malte bis zu acht Meter hohe Fresken. Während dieser Arbeit kam ihm der Gedanke, dass die Menschheit eine illustrierte Bibel brauche. «Er schrieb damals, dass eine Milliarde Menschen auf der Erde nicht lesen und schreiben könnten», erzählt sein Sohn. Aber Bilder können sie verstehen. «Mit seinem Werk wollte er auch die Analphabeten erreichen», sagt Martin Wiedmann. So wie es die Künstler im Mittelalter taten, wenn sie die Kirche mit biblischen Szenen ausmalten. «Seine Mission war es, seine Bilderbibel mit allen Christinnen und Christen zu teilen.»

Weltweit beachtet

Im Atelier begann Willy Wiedmann, die Bibel in Bilder zu übersetzen. Dazu studierte er verschiedene Ausgaben des Alten und des Neuen Testamentes, bis er wusste, wie er die Szene im Bild festhalten wollte. Martin Wiedmann: «Mein Vater war mit seinem Anliegen, mit Bildern zu kommunizieren, ein Pionier. Heute, dreissig Jahre später, wird die Welt durch die Bilder von Facebook, Instagram und Co. beherrscht.»

Martin Wiedmann hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Werk seines Vaters unter die Leute zu bringen. Die Wiedmann-Bibel war inzwischen in verschiedenen Ausstellungen und Museen weltweit zu sehen und wurde für ihre künstlerische Einzigartigkeit gewürdigt. Nun kommt sie nach Rothenthurm SZ.

 

Ausstellung der Wiedmann-Bibel in Rothenthurm

Vernissage: Dienstag, 10. Oktober, 17 Uhr, im MZG, 6418 Rothenthurm SZ.

Öffnungszeiten: Mittwoch, 11., bis Donnerstag, 19. Oktober, jeweils von 10 bis 16 Uhr,

Samstag, 14. Oktober, geschlossen.

Sonntag, 15. Oktober, ab 13.30 Uhr. Um 14 Uhr Übergabe der Wiedmann-Bibel an Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, durch Martin Wiedmann, Sohn des Künstlers.

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