Diesseits von Eden: ein neuer Blog der Zürcher Kirche

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17.11.2016
Ob Reformationssonntag, Dalai Lama, Atheismus oder Jihad: Auf dem neuen Blog «diesseits.ch» wird vielfältig geschrieben und diskutiert. Ein Gespräch mit dem Theologen Stephan Jütte, der den Blog verantwortet.

Seit gut zwei Monaten ist die Zürcher Landeskirche mit dem Blog «diesseits.ch» präsent. Praktisch täglich werden neue Texte aufgeschaltet, der Auftritt ist frisch gestylt und gut bebildert. Rund 20 Autorinnen und Autoren haben bis jetzt für den Blog in die Federn gegriffen, darunter der Zürcher Regierungsratspräsident Mario Fehr oder der Kirchenratspräsident Michel Müller. Treibende Kraft hinter «diesseits.ch» ist der Theologe Stephan Jütte, Bereichsleiter der Hoch- und Mittelschulen der Landeskirche. Redaktionell unterstützt wird er von Christian Schenk, Redaktor bei «notabene», und Barbara Roth, der Social Media-Beauftragten.

«Mit dem Blog wollen wir die Diskussionskultur fördern, Identität bilden und die kirchliche Vielfalt erklingen lassen», erläutert Jütte im Gespräch. Wie kam es zum Namen «Diesseits»? «Er soll unser Commitment zum Hier und Jetzt zeigen», so Jütte, «die Betonung der Jetztzeit ist genuin christlich, es ist der Kairos, der den Chronos durchkreuzt.» Das Leben müsse nicht überwunden werden, um Gott zu begegnen. Jütte, Jahrgang 1983, ist mit viel Elan in das Projekt gestartet, man spürt Energie und Engagement. Auf dem Blog moderiert er auf hohem Niveau und mit ebensolcher Pace und schreibt erst noch selber.

Die Vorbilder
Da ist einiger Aufwand dahinter. Wie viel Zeit verwendet Jütte für den Blog? Er lächelt und zückt sein Smartphone. «Ich bin sehr online-affin und ständig dran.» Mit normalem Aufwand sei es aber nicht zu bewältigen». Da momentan andere Projekte beim Hochschulforum zurückgestellt seien, habe er die Lücke mit dem Blog gut füllen können. Er schätzt seinen Aufwand auf rund zwei Tage pro Woche.

Schon seit einiger Zeit und durchaus erfolgreich ist die Aargauer reformierte Kirche mit dem Blog «ungeniert reformiert» präsent. Wie hat der Aargauer Blog den Zürcher beeinflusst? «Wir haben bei ihnen abgeschaut, sie sind die Pioniere», lacht Jütte, «allerdings gibt es bei ihnen etwas viel kirchlichen Binnendiskurs.» Ihm schwebt mit «diesseits.ch» eine Kombination aus «ungeniert reformiert» und dem Blog «feinschwarz.net» vor, der Plattform des «linksintellektuellen Katholizismus». Schon als Gymnasiast hatte Jütte festgestellt, dass das Christentum intellektuell viele nicht mehr anspricht. Auch da soll «diesseits.ch» einen Kontrapunkt setzen.

Cartes Blanches
Eine Gefahr von kirchlichen Blogs ist, dass sie sich nach einem Anfangsbonus immer mehr in die Kirchenmauern zurückziehen, langatmig und predigthaft werden. «Unsere Position ist genau auf der Kirchenmauer», entgegnet Jütte, «wir wollen nach Innen die Debattenkultur fördern und nach Aussen zeigen, was die Kirche heute ist.» Er räumt ein, dass Aussenwirkung schwieriger zu erzielen ist, und deshalb vergibt er gerne Cartes Blanches an Auswärtige. Neben Mario Fehr war das bisher der Publizist Eduard Kaeser, geplant ist zum Beispiel, dass die Slammerin Hazel Brugger schreibt oder auch der Stadtblogger des «Tages-Anzeigers», Reda El Arbi.

«Wir sind gut gestartet, die Zugriffszahlen und die vielen Kommentare und Reaktionen zeigen es», freut sich Jütte, der in Lausen BL in pietistisch-landeskirchlichem Umfeld aufgewachsen ist und in Basel und Berlin Theologie studiert hat (die Wahl des Studiums bezeichnet er salopp als «Kurzschluss-Entscheid»). Er bekomme laufend Texte, ohne dass er Werbung dafür gemacht habe. «Jede und jeder kann bei uns schreiben, aber die Texte müssen uns überzeugen, es gibt keine Zensur, jedoch eine Mindestanforderung an den Stil.» Es dürfe aber noch kontroverser werden, gebe noch zu viel Selbstaffirmation. «Man darf durchaus mehr streiten und um Meinungen fighten», meint Jütte, und man glaubt ihm aufs Wort, dass das für ihn keine Last, sondern Lust ist.

Zum Blog

Matthias Böhni/  ref.ch / 17. November 2016

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

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