«Gewisse Konflikte sind hausgemacht»

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25.02.2017
Das Gros ist zufrieden, die Arbeit gefällt: Dies sagt die neueste Studie der St.Galler Kantonalkirche über ihre Angestellten und ehrenamtlich Tätigen aus. Der Visitationsbericht zeigt aber auch: Das Milizsystem bei den Kirchenvorsteherschaften, die Grösse der Synode, das Parochialsystem, die Kommunikation gegen aussen und die Stellung des Pfarrers werden hinterfragt.

«In den vergangenen Jahren lag der Schwerpunkt auf dem Inhalt, dem Angebot. Neue Stellen, wie jene des Popularmusikers, wurden geschaffen. Im Gegenzug kamen aber andere Punkte, wie die Kommunikation, zu kurz», sagt Kirchenratspräsident Martin Schmidt und verweist auf das geringe Pensum des Kommunikationsbeauftragten. «Mit dem Visitationsbericht kommt dieser Handlungsbedarf nun zu Tage: Die Kirchgemeinden wünschen sich mehr Unterstützung.» Dass auch die Kirche vom Sitzungswahn erfasst und von der Bürokratisierung zerdrückt werde, lässt er aber nicht gelten. «Die kantonale Verwaltung ist sehr schlank. Grosser Druck lastet indes auf den ehrenamtlich tätigen Kirchenvorsteherschaften.» Nicht nur sei es schwierig, Personal zu finden, sondern es habe kaum jemand Zeit, in der Freizeit den Verwaltungskram zu erledigen. Das Milizsystem kommt an seine Grenzen. Grössere Kirchgemeinden schufen bereits Abhilfe, stellten eine Sekretärin an oder einen Geschäftsführer ein. «Dem Geschäftsführermodell fehlt allerdings noch die rechtliche Grundlage.» 

Hierarchie der Verantwortung

Eine latente Unzufriedenheit schimmert im Bericht auch bei den Diakonen durch, die massiv weniger verdienen als die Pfarrpersonen, aber grossmehrheitlich die gleiche Arbeit verrichten. «Gewisse Konflikte – wie dieser – sind hausgemacht. Pfarrerinnen und Pfarrer haben es zugelassen, dass die Diakone zu ihrer begleitenden Tätigkeit auch das Evangelium verkünden. Damit kam die Hierarchie der Verantwortung ins Wanken, die beiden Berufe wurden schleichend gleichgestellt. Die Kirche von England hat nun begonnen, wieder klarer in Ämtern zu denken, und der Kanton Zürich kommt zum Schluss, dass Diakone und Sozialdiakoninnen grundsätzlich nicht auf die Kanzel gehören. Diese Impulse müssen wir klären, auch die Lohnfrage. So wie die Synode einst die Pfarrlöhne an die Löhne des Mittelschullehrers koppelte, kann dieser Entscheid parlamentarisch wieder aufgehoben werden.» Und hier setzt eine weitere Kritik an, dass nämlich die Pfarrpersonen in der Synode über ihren eigenen Lohn bestimmen könnten. «Der Anteil der Pfarrpersonen in der Synode beträgt einen Sechstel. Sie reden wohl öfters, aber die Verteilung ist nicht dramatisch, und die Gesamtsynode reagiert nach wie vor gesund und reflexartig.» Angesichts der Fusionen und der schwierigen Rekrutierung von Synodalen kann sich Schmidt eine Verkleinerung des Kirchenparlaments auf 120 Personen denn auch gut vorstellen. «Es wäre pointierter und schlagkräftiger.»

«Wir legten in früheren Jahren den Schwerpunkt auf den Inhalt. Im Gegenzug kamen aber andere Punkte zu kurz.»

Distanzierte

Eine grosse Unbekannte bleiben die Distanzierten. Denn die Kantonalkirche erreicht mit ihrem Angebot nur 15 Prozent ihrer Mitglieder. Dies macht auch bei den Angestellten Kopfzerbrechen. «Wie können wir diese 85 Prozent einbinden?», so der Kirchenpräsident. Und er fragt sich weiter, ob das auf nur eine Kirchgemeinde bezogene System nicht veraltet sei, ob der Kirchbürger nicht selber entscheiden müsste, wo er seine Trauung, Taufe oder Konfirmation durchführen will. «Auch bei den Bauten müssen wir näher hinschauen. Wir haben zu viele.» Und schliesslich zeige der Bericht, dass gewisse Stellenausschreibungen klarer umrissen werden müssten, damit sich die Angestellten in ihrer Freiheit, die auch geschätzt wird, nicht verlieren. Und statt ständig die Austritte zu thematisieren, müssten die Neueintritte genauer untersucht werden. Vielleicht können sie den Weg zu den
Distanzierten aufzeichnen?

 

Text | Foto: Katharina Meier  – Kirchenbote SG, März 2017

 

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