Ratgeber Glaubensfragen

Gibt es bald keine kirchlichen Trauungen mehr?

von Pfarrerin Claudia Henne
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09.11.2024
Leserfrage: Die Hochzeit meiner Tochter kürzlich fand nicht kirchlich, sondern mit einer Traurednerin statt. Die jungen Brautleute erklärten, sie wollten keine Feier, in der ihnen ein veralteter Glaube übergestülpt wird. Mich macht diese Aussage traurig. Claudia Henne antwortet.
Claudia Henne, Spitalseelsorgerin Schaffhausen

Claudia Henne, Spitalseelsorgerin Schaffhausen

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Leserfrage: Meine Tochter hat kürzlich geheiratet – allerdings, zu meinem Bedauern, nicht kirchlich, sondern mit einer Traurednerin. Die uns vertrauten kirchlichen Elemente wie Gebet oder Segen fehlten uns Eltern sehr in dieser Feier. Die beiden jungen Brautleute erklärten, sie wollten eine persönliche und fröhliche Feier, nicht eine, in der ihnen ein veralteter Glaube übergestülpt wird. Mich macht diese Aussage traurig. Wird die kirchliche Trauung bald ein Auslaufmodell sein?

 

Lieber Leser,

Es ist ein grosser Schritt für Eltern, wenn die eigenen Kinder heiraten. Als Eltern wünschen Sie dem Brautpaar ganz besonders, dass ihre Ehe gelingen möge, dass ihre Liebe getragen und behütet sei, in guten wie in schweren Zeiten. Für Christen finden diese Wünsche im Gebet und im Segen ihren Raum – insofern ist eine kirchliche Trauung eben nicht nur für das Brautpaar, sondern oft auch für die Brauteltern und Familien ein wichtiges Ritual.

Natürlich: Auch unkirchliche Trauzeremonien kennen und brauchen Rituale, meist gibt es sogar eine Vielfalt aus verschiedenen Kulturen. Aber wir sind vielleicht nicht alle in gleicher Weise beheimatet darin.

Doch da sind wir bei einem wichtigen Stichwort. Wo finden heutige junge Menschen Raum für ihre Sehnsucht nach Spiritualität? Ist ihnen die Kirche mit ihren Traditionen und Sakramenten noch Heimat? Oder erleben sie Kirche eher als starres, verstaubtes Gerüst, an dem sie ihre Träume nicht mehr befestigen können? Oder als eine altmodische Stube, in der die Wanduhr zu laut tickt und dringend gelüftet werden sollte?

Das sind lauter Fragen, die sich die Kirche gefallen lassen muss. Und dabei ist mir völlig bewusst, dass es «die Kirche» ja gar nicht gibt, so wenig wie es «die jungen Menschen» gibt, sondern dass wir da von einer Vielfalt sprechen, von Kirchen, die sich mit viel Engagement um jüngere Menschen bemühen, aber eben auch von Menschen, die ihre Spiritualität ganz bewusst ausserkirchlich leben. Dahinter mögen Enttäuschungen stehen oder auch einfach nur Klischees. Darin mag ein ganz individueller Suchprozess liegen, der vielleicht sogar irgendwann wieder in eine Kirche hineinführt. Nicht wenige haben aber auch ein feines Gespür für Verletzungen und alte unheilvolle Geschichten, von denen leider die Kirche nie verschont geblieben ist. Nur, wenn die Kirche sich offen damit befasst und solche Geschichten aufarbeitet, können diese Menschen sich wieder neu öffnen für sie.

Eine fröhliche, persönliche Feier, in der einem kein veralteter Glaube übergestülpt wird: Diesem Wunsch Ihrer Tochter kann ich mich von ganzem Herzen anschliessen. Genauso sollte Kirche sein – oder immer wieder werden: persönlich, authentisch, voller froher Botschaft! So werden sich junge wie auch ältere Menschen willkommen und angesprochen fühlen. Dann möchten sich Brautpaare vielleicht auch gerne wieder kirchlich trauen lassen. Öffnen wir also die Fenster und helfen wir mit, dass frischer Wind hineinwehen kann, dort, wo sich Staub ansetzt!

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