Hier kennt man sich
Wenn Regine Hug durch Sitterdorf läuft, wird rasch klar: Man kennt die Pfarrerin im Dorf. Gemeinsam mit ihrem Mann Johannes, mit dem sie sich das Pfarramt der Evangelischen Kirchgemeinde Sitterdorf-Zihlschlacht teilt, war sie bislang ausschliesslich auf dem Land tätig. «Wir haben uns bewusst in kleinen Kirchgemeinden ohne grosse Leitungsteams beworben – auch aus Respekt vor zu vielen Sitzungen. Bei uns laufen viele Absprachen nebenbei in unserem gemeinsamen Alltag.»
«Auch hier gibt es Sorgen»
Am Herzen liegt Regine Hug, die in der Kleinstadt Bad Dürrheim im Schwarzwald aufgewachsen ist, der direkte Draht zu den Kirchgemeindemitgliedern: Auf dem Land sei es wohl tatsächlich etwas einfacher, die Menschen kennenzulernen und persönliche Beziehungen zu pflegen, vermutet sie. «Man begegnet sich beim Einkaufen, Spazieren oder Velofahren.» Als sie und ihr Mann vor fünf Jahren die Pfarrstelle antraten, hätten sie rasch Hilfe erhalten, sich zurechtzufinden.
Eine «heile Welt» besteht auf dem Land aber dennoch nicht: «Auch hier gibt es leider viele Sorgen und Nöte.» Regine und Johannes Hug, die zwei erwachsene Söhne haben, lernten sich während des Theologiestudiums in Montpellier kennen. Ihre gemeinsamen Pfarrstellen haben sie bislang dreimal gewechselt: von Tegerfelden (AG) ging es nach Schönholzerswilen (TG) und von da nach Sitterdorf (TG). Sie könnten es sich durchaus vorstellen, in einigen Jahren doch noch in einer grösseren, städtischen Gemeinde zu wirken. «Vielleicht reizt es uns irgendwann, nicht mehr für alle kirchlichen Bereiche zuständig zu sein.»
Kleine Gemeinden erhalten
Dass sich immer mehr ländliche Kirchgemeinden – teilweise unter Druck von aussen – zusammenschliessen müssen, beobachtet das Pfarrehepaar Hug mit Besorgnis: «Viele persönliche Kontakte gehen dann verloren oder sind nicht mehr in der gleichen Intensität möglich.» Manchmal seien pragmatische Lösungen gefragt. So arbeite die Evangelische Kirchgemeinde Sitterdorf-Zihlschlacht im Bereich der Jugendarbeit mit der Nachbarskirchgemeinde Bischofszell-Hauptwil zusammen.
Regine Hug wünscht sich zudem, dass vermehrt auch Laienprediger, Katechetinnen und Diakone Leitungsaufgaben übernehmen können. «Das würde dazu beitragen, gerade kleine Gemeinden auf dem Land zu erhalten.» Das evangelische Kirchenparlament im Thurgau hat kürzlich einen ersten Schritt unternommen: Neu darf der Konfirmationsunterricht nicht nur von Pfarrpersonen, sondern auch von anderen entsprechend ausgebildeten Personen – zum Beispiel von Jugenddiakonen – gestaltet und geleitet werden. Der Thurgau könnte damit als Vorbild für andere Kantone dienen.
Fokus Stadt und Land
Zwischen Alphorn und Yogamatte
Seit Jahren bewirtschaftet die Politik den Stadt-Land-Graben. Der Fokus Stadt und Land geht der Frage nach, ob es diesen Graben auch in der reformierten Kirche gibt. Ticken die Gläubigen im Münstertal anders als jene in Schwamendingen? Steht die Kirche auf dem Land noch im Dorf? Und wie funktioniert Kirche in der Stadt?
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