«Ich vermisse kein Grab von Zwingli.»

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03.07.2017
Keine Gedenkstätte, kein Grab, kein Portrait, das zu seinen Lebzeiten entstand. Die Bilderfeindlichkeit der Reformierten ging so weit, so dass sich heute von Huldrych Zwingli kaum etwas findet. Der Luzerner Pfarrer Beat Hänni begrüsst dies, selbst im Jubiläumsjahr der Reformation.

Herr Hänni, viele, die eine reformierte Kirche in der Schweiz besuchen, fragen sich, weshalb gibt es es keine Bilder und Statuen?

Die Reformatoren stellten fest, dass die Bilder in den Kirchen – ursprünglich als Darstellungen von Glaubensgeschichten gedacht – mehr und mehr verehrt wurden. Für den Reformator Huldrych Zwingli entfalteten einfache Gottesdienste Kraft und Würde. Er sagte: «Gott will ohne äusseren Schein verehrt werden; dafür mit Glauben.» Ich denke, das erhält heute in der Zeit eines erneuten Ritualbooms wieder Bedeutung. Andererseits bin ich froh, dass in Luzerns Gottesdiensten die Osterkerze brennt.

Sind die Reformatoren nicht zu weit gegangen?

Heute haben wir ein entspanntes Verhältnis zu Bildern, aber zur Zeit der Reformatoren entwickelten sich um Statuen und Bilder magische Gebräuche, wie ein Beispiel aus der Stadt Luzern zeigt. Anfang des 16. Jahrhunderts hat Aureola Göldi während einer Krankheit in der Kirche im Bruch eine Statue des heiligen Apollinaris aufstellen lassen. Schon bald begannen Besucher, vor diese Statue Hühnchen als Opfergabe zu legen. Aureola, die sich dem reformatorischen Glauben öffnete, merkte, dass diese Statue eine Form von Aberglauben förderte und die Besucher um ihr Geld brachte. Sie liess die Statue verbrennen. Deshalb wurde sie vom Luzerner Rat zu vierzig Gulden Busse, Beichte und Ersatz der Statue verurteilt.

Bilder haben Deutungsmacht. Dies könnten die Reformierten nutzen.

Von Luther gibt es über 500 Porträts – die meisten von seinem Hofmaler Lucas Cranach. Diese dienten der Verbreitung der Reformation, förderten aber auch den Personenkult, der jetzt in Deutschland das Jubiläum «500 Jahre Reformation» befeuert. Die Schweizer Reformatoren waren zurückhaltender. Von Zwingli gibt es kein Bild, das zu seinen Lebzeiten gemalt wurde.

Ist das auf Zwinglis schweizerische Bescheidenheit zurückzuführen?

Das spielte sicher mit. Doch gab es auch andere Tendenzen: Kurz nach Zwinglis Tod wurde dem Luzerner Oswald Myconius, ein enger Vertrauter Zwinglis, von einem Freund in einer Kapsel Zwinglis Herz übergeben. Dieses sei auf dem Schlachtfeld in Kappel in der Asche Zwinglis gefunden worden. Myconius nahm die Kapsel und liess sie an einem unbekannten Ort beisetzen. Später wurden ihm Knochen Zwinglis angeboten, die er ebenfalls verschwinden liess. Heute wissen wir: Zwingli ist es in den Jahren seines Wirkens in Zürich gelungen, Kirche und Gesellschaft zu reformieren. Aber die Herzen der Zürcher mochte die Reformation in dieser Zeit nicht in ihrer Tiefe zu erneuern. Was, wenn sich Myconius auf diese Funde eingelassen hätte: Wir hätten einen «Reformations-Heiligen», mit dem die Reformation publikumswirksamer verbreitet worden wäre, aber sie hätte ihre Glaubwürdigkeit verloren. Nur die Schrift, keine Heiligen, das ist eine Kernbotschaft des reformierten Glaubens. Es fehlt auch ein Grab von Zwingli.

Heute wären wir froh darum.

Ich vermisse kein Grab von Zwingli. In Kappel befürchteten die altgläubigen Innerschweizer, die Zürcher könnten für Zwingli ein Grab errichten und es würde ein Wallfahrtsort entstehen. Darum schlachteten sie ein Schwein und verbrannten es zusammen mit dem Leichnam Zwinglis.

Die Katholiken haben Reliquien. Wo findet der Reformierte Halt?

Ich freue mich über die reiche Tradition an künstlerischen Darstellungen von biblischen Geschichten oder theologischen Themen, die die christlich geprägte Kultur hervorgebracht hat und hervorbringt. Das ist ein grosser Fundus auch für das reformierte Glaubensleben. Aber die Bilder geistlich zu verehren, käme mir nie in den Sinn. Ich bin froh, mich im Gebet direkt an Gott wenden zu können. Das bietet Halt und Gewissheit. Oft begleitet ein biblisches Wort Reformierte ihr Leben lang und gibt ihnen Halt.

Setzten die Reformierten mehr auf Bilder, würden mehr Leute in die Gottesdienste kommen . . .

Die reformierte Kirche muss sich reformieren. Ich unterstütze das Anliegen der Reformatoren, Christus in den Mittelpunkt von Kirche und Gesellschaft zu stellen, ohne fundamentalistisch oder schwärmerisch zu werden. Dies sollte wegweisend sein für heutige Reformen.

Philippe Welti, kirchenbote-online

Das Landesmuseum Zürich beherbergt die Waffen von Zwingli. Sind wenigstens diese echt? Die Antwort zeigt der Beitrag vom Mittwoch, 5 Juli.

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.» und «Interkantonaler Kirchenbote»

 

 

 

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