«Ich will nicht, dass es ein Müssen wird»
«Für jeden Worship-Abend stellen wir extra eine Band zusammen und üben vier, fünf Mal», antwortet Aline Pfister auf die Frage, ob ihr freiwilliges Engagement in der Kirche Wil zeitintensiv sei. Das ist es alleweil. Denn neben den Worship-Abenden organisiert sie auch noch den Jugendgottesdienst «Alive». Rund 150 Stunden wende sie jährlich für ihre kirchliche Arbeit auf, schätzt sie. Ohne einen Franken Entschädigung, nota bene.
In der Kirche gross geworden
Aline Pfister ist in der Kirche gross geworden. «Eine Zeit lang habe ich sogar direkt neben der Kirche gewohnt», erzählt sie. Sie habe als Kind den «Kolibri» besucht, während ihre Eltern im Gottesdienst waren. Später war sie in Jugendlagern dabei. «Wir waren eine Clique und sind es bis heute.» Das sei mit ein Grund, weshalb sie als Erwachsene der Kirche treu geblieben sei: «Dass meine Freundinnen und Freunde dort sind.»
Hat sie nie eine kirchliche Anstellung in Erwägung gezogen? «Das habe ich mir tatsächlich einmal überlegt», antwortet die gelernte Optikerin, die nun Sozialpädagogik studiert und nebenbei zu 60 Prozent in einem Internat arbeitet. Aber mein Glaube ist etwas Persönliches, mein Hobby gewissermassen.» Gerade weil ihr der Glaube wichtig sei, wolle sie verhindern, dass es ein Müssen wird.
Auch mal Nein sagen
Aline Pfister schätzt es, sich in der Kirche einzubringen. Manchmal erhalte sie aber auch Anfragen, da schlucke sie leer und denke: «Traue ich mir das wirklich zu? Kann ich das? Will ich das?» Zum Glück könne sie gut Nein sagen, wenn es ihr zu viel werde. Doch Herausforderungen seien auch bereichernd. So habe sie sich vor einigen Jahren nicht vorstellen können, am «Alive»-Gottesdienst vorne zu stehen und einen Input zu halten. Dazu sei sie zu zurückhaltend, zu schüchtern gewesen. Mittlerweile habe sie nun aber einige Inputs gehalten.
Nächste Generation am Start
Mit Freude sieht Pfister, wie in der Kirchgemeinde eine neue Generation von Jugendlichen heranwächst: «Zu sehen, wie sie sich mehr zutrauen, wie sie Fortschritte machen, das ist schon cool.» Für ihre Arbeit erhält sie viel Wertschätzung: Von den Jugendlichen, von der Kirchenvorsteherschaft, von den kirchlichen Angestellten. Besonders gefreut hat sie, dass die Kirchgemeinde die Retraite des «Alive»-Leitungsteams unterstützt hat.
Wurmt es sie denn nicht, dass Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter für ähnliche Arbeit bezahlt werden, die sie unentgeltlich erledigt? «Manchmal denke ich schon so», gibt sie unumwunden zu. «Andererseits kann ich mir mein Engagement aussuchen. Angestellte müssen auch Dinge erledigen, die sonst niemand machen will.»
Text | Foto: Stefan Degen – Kirchenbote SG, Juni-Juli 2021
«Ich will nicht, dass es ein Müssen wird»