Evelyn Borer: Präsidentin im Vorstand Mission 21

In den Spuren einer grossen Geschichte

von Tilmann Zuber
min
30.09.2024
Evelyn Borer ist neu zur Präsidentin des Vorstandes von Mission 21 gewählt worden. Für die Dornacherin ist dieses Amt in einem der traditionsreichsten Hilfswerke der Schweiz eine Herzensangelegenheit.

Evelyn Borer bekleidet einige kirchliche Ämter: Sie ist Synodalratspräsidentin der Reformierten Kirche des Kantons Solothurn, Kirchenpräsidentin von Dornach und Präsidentin der Synode der Evangelisch-reformierten Kirche der Schweiz.

Kürzlich kam ein weiteres Amt hinzu. 18 Delegierte aus aller Welt wollten die Dornacherin als Vorstandspräsidentin von Mission 21 sehen und gaben ihr ihre Stimme. Es sei eine grosse Ehre, nach all den Jahren der politischen und kirchlichen Arbeit, in einer Organisation wie Mission 21 tätig zu sein, sagt Borer.

Eines der grössten Missionswerke

Mission 21, ehemals Basler Mission, blickt auf eine lange und traditionsreiche Geschichte zurück. Gegründet 1815 im Umfeld der Schweizer Handelsstadt Basel und des süddeutschen Pietismus, wuchs die Basler Mission rasch. Ihre Missionare wirkten vom südrussischen Kaukasus über Westafrika und Südindien bis nach China und Hongkong. Nach dem Ersten Weltkrieg fand die Blütezeit der Basler Mission ein jähes Ende. 2021 formte sich die Organisation neu – von einer weltweit tätigen Missionseinrichtung zu einer Partnerin für Entwicklungszusammenarbeit. Es beeindrucke sie, ein Stück dieser grossen Geschichte mitgestalten zu dürfen, sagt Evelyn Borer.

Mission macht nur Sinn, wenn sie davon ausgeht, dass die christliche und europäische Lebensweise nicht die einzig mögliche ist.

Evelyn Borer kannte die Arbeit von Mission 21 vor allem von Anlässen mit Konfirmandinnen und Konfirmanden in Dornach. Letztes Jahr nahm sie an einer Begegnungsreise von Mission 21 teil. Sie besuchte Projekte in Südindien, die Mission 21 einst initiiert hatte. Beeindruckt hat sie der Besuch einer Schule in den Slums. «Während wir hier in der Schweiz über Laptops im Klassenzimmer diskutieren, sitzen dort unzählige Kinder in einem grossen Raum und haben fast nichts zur Verfügung», sagt Evelyn Borer. «Das erinnert an Bilder aus Gotthelfs Zeit.» Die Stärke von Mission 21 sei, dass die Arbeit mit langjährigen kirchlichen Partnern geschehe, sagt Borer. «Das schafft eine gemeinsame Basis, die nicht so einfach wegbricht.»

Mission hatte positive Seiten

Mission hat heute einen negativen Beigeschmack. Zu Recht? «Nein», widerspricht Evelyn Borer. «Mission und Kolonisation werden zu Unrecht in einen Topf geworfen.» Die Vermischung führe zu einem falschen Bild. Natürlich gebe es in der Missionsgeschichte auch Schattenseiten, etwa wenn Missionare als Herren auftraten. Die Basler Missionare reisten nach Afrika und Asien, um die christliche Botschaft zu verkünden. In Indien etwa merkten sie bald, dass es nicht genügte, der Bevölkerung zu predigen und sie zu bekehren. Denn die Einheimischen, die keiner Kaste angehörten, brauchten Arbeit, Bildung und Unterstützung. So gründeten die Missionare Schulen und Spitäler und bauten Unternehmen auf. Für Evelyn Borer ist klar: Mission macht nur Sinn, wenn sie davon ausgeht, dass die christliche und europäische Lebensweise nicht die einzig mögliche ist.

Die Beziehung zu den Kirchen verstärken

Mission 21 steht in den kommenden Jahren vor grossen Herausforderungen. Zum einen in finanzieller Hinsicht. Während die Hilfswerke der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz Heks und Caritas in den letzten beiden Jahren Rekordeinnahmen verzeichneten, gehen die Spenden an Mission 21 kontinuierlich zurück. Den Grund dafür sieht Borer darin, dass Mission 21 langfristige Projekte unterstützt und bei Naturkatastrophen und Kriegen kaum vor Ort ist. Dadurch erhalte sie weniger öffentliche Aufmerksamkeit. Zudem gebe es Stiftungen und staatliche Institutionen, die explizit keine kirchlichen Projekte unterstützten. «Da braucht es mehr Anstrengungen im Fundraising», sagt sie.

Evelyn Borer will deshalb die Beziehungen von Mission 21 zu den Kantonalkirchen und Kirchgemeinden verstärken. «Wir wollen die Präsenz in den Kirchgemeinden erhöhen, mit unseren Angeboten sind wir gerade für Jugendliche, Konfirmandinnen und Konfirmanden und für die Gottesdienste attraktiv.»

Und Borer will sich auf schweizerischer Ebene dafür einsetzen, dass die Rolle der einzelnen kirchlichen Hilfswerke geklärt wird. Die Kirchen müssen sich klar werden, was sie von Heks oder Mission 21 erwarten und was diese den Kirchen bieten können.

 

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