Jetzt erst recht!
«Dass der Bundesrat in der zweiten Welle den Menschen erlaubte, in den Gottesdienst zu kommen, wurde in unserer Gemeinde wahnsinnig geschätzt. Unsere beiden parallel geführten Sonntagsgottesdienste sind immer gut besucht», erzählt Katharina Hiller, Pfarrerin in Rapperswil-Jona. Aber da seien ja noch die vielen, die nicht vor Ort Kraft tanken könnten. All jene halten sich an das optimistische Versprechen auf der Website der Kirchgemeinde: «Jetzt erst recht. Wir sind für Sie da!»
Angebot wird geschätzt
Viel Optimismus ist auch bei Hiller persönlich zu spüren. Innert kurzer Zeit mussten ganz viele Dinge neu entwickelt werden. Das könne man doch auch positiv sehen. Allein die Produktion der Online-Gottesdienste wäre ohne Pandemie nie so rasch umgesetzt worden. Wobei das Pfarrteam prominente Unterstützung bekam: Fernsehmoderator Jann Billeter, selber Mitglied der Kirchgemeinde Rapperswil-Jona, führte kurzerhand ein Auftritts-Coaching durch.
«Wo man doch am Grab zusammenkam, gab es keine Umarmungen. Ein Anblick, der einem das Herz bricht.»
Für den Extraaufwand gab es so viele gute Rückmeldungen, dass Online-Angebote nun fest dazugehören – und wohl vornehmlich von älteren Personen genutzt werden, so Hiller. Für junge Leute seien andere Lösungen gesucht. «Die Frage ist dort eher: Wie bekommen wir die Jugendlichen zu packen, Konfirmandinnen und Konfirmanden zum Beispiel, wenn das Gemeinschaftsgefühl, die Begegnung in der Gruppe wegfällt?» Auch hier gelte die Devise: «Wir sagen die Dinge nicht einfach ab, wir finden eine Alternative!» Allgemein ist Hiller zufrieden, wie sich ihre Kirchgemeinde bisher geschlagen hat.
Trauerfeiern schwierig
Und doch ist nicht einfach alles gut. So gehören Beerdigungen zum Schwierigsten, was Hiller derzeit erlebt. Vor allem am Anfang der Pandemie wurden aus Angst vor Ansteckungen viele Trauerfeiern verschoben oder abgesagt. Wo man doch am Grab zusammenkam, gab es keine Umarmungen. Ein Anblick, der einem das Herz breche. Dass Besuche in Pflegeheimen noch immer nur sehr eingeschränkt möglich sind, beschäftigt sie ebenfalls. Als Alternative für die gestrichenen Pflegeheimgottesdienste schickt sie seit einer Weile «Leseandachten» in die Heime, mit Texten in Grossdruck und vielen Bildern. Was sie intensiviert hat: Telefonieren. «Eine ganze Liste» von Leuten rufe sie regelmässig an, verschicke Postkarten und WhatsApp-Nachrichten. «Wer früher an allen Anlässen aufgetaucht ist, freut sich, wenn man nachfragt.» In diesem Sinn habe Corona auch eine Eins-zu-eins-Betreuung ermöglicht, die es davor nicht gegeben habe. «Und das ist ein Gewinn!»
Text | Foto: Julia Sutter – Kirchenbote SG, April 2021
Jetzt erst recht!