Lieber ein Kreuz als die Krawatte

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22.04.2020
Eine Krise führte den reformierten Pfarrer wieder hin zum Kreuz, weg von der Krawatte. Kurt Witzig aus Bronschhofen sagt: «Das Kreuz erdet mich.»

Es ging ihm gar nicht gut, damals im Jahr 2005, gegen Ende seiner Pfarrtätigkeit in Tägerwilen-Gottlieben. Er hatte Bewährtes weiter- und gleichzeitig neue Impulse einführen wollen. Doch er stiess nicht überall auf Verständnis für das Wesen der Landeskirche, zerbrach beinahe an der Situation, wurde krankgeschrieben. «Ich muss zu Kräften kommen», sagte sich Kurt Witzig und begab sich nach der Demission mit seiner Familie drei Monate nach Hawaii – weg von der Aussichtslosigkeit, hin zu einem christlichen Grundkurs. Zwei Lichtblicke stellten sich vor dem Besuch der Inselgruppe ein: die Anfrage aus Steckborn für eine Stellvertretung und eine Reise nach Äthiopien. 

Mit Demut

Diese Projektreise der «Mission am Nil», wo der 56-Jährige im Vorstand ehrenamtlich tätig ist, führte ihn hinaus ins Land zu den Bauern und der einfachen Bevölkerung. Hier spürte er stark, wie die Glaubensgeschwister auf Gott zählen, auf ihn angewiesen sind – und fühlte sich entsprechend mit ihnen verbunden, so Witzig. Zurück in der Hauptstadt Addis Abeba, zog es den Pfarrer intuitiv und auch aus Demut in einen Laden mit Andachtsgegenständen. «Dort kaufte ich mir das schlichte Silberkreuz.» Seither trägt es der Bronschhofer im Gottesdienst statt der Krawatte und meist anstelle des Talars, dem ursprünglichen «Gelehrtengewand». Ein Kreuz habe halt eine ganz andere Symbolkraft, so der Pfarrer, der seit einigen Jahren als Stellvertreter in Kirchgemeinden unterwegs ist und vor dem Silberkreuz einen Modeschmuck um den Hals hängte.

Unkonventionelles behagt

Unkonventionelles behagt Kurt Witzig, ist Teil von ihm. Gerne versucht er, Dinge zu ändern, ehe sie aus dem Ruder laufen. Er spricht Probleme an, denkt um. Es erstaunt denn auch nicht, dass der gebürtige Berger (TG) die Laufbahn des Sanitärinstallateurs einschlug, sich dann aber via Zweitwegmatura dem Theologiestudium zuwandte, ohne die Freude am Technischen abzulegen. Sie manifestiert sich in einem Youtube-Kanal, dem Bau einer Solaranlage auf dem eigenen Hausdach, Lego-Projekten in der Kirche. 

Ewigkeit geht vergessen

«Das Kreuz», nimmt Witzig den Faden wieder auf, löse positive Reaktionen aus. Es sei ja schliesslich nicht nur Symbol der Katholiken sondern Basis aller Christen. «Jesus starb für uns am Kreuz.» Die Passionszeit habe Parallelen zur Corona-Krise, wobei heute die Schicksalsergebenheit oft fehle, die Ewigkeit vergessen gehe. Das Diesseits zähle. «Doch im Leiden liegt auch Kraft.» Das sei auch ein Geheimnis des Kreuzes.

Text: Katharina Meier | Foto: zVg – Kirchenbote SG, Mai 2020

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