Maske als Barriere

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28.01.2021
Gehörlose müssen den Mund sehen können zum Lippenlesen. Die Maskenpflicht erschwert ihnen die Kommunikation. Die Gehörlosenseelsorge hält den Kontakt aufrecht. Und die moderne Technik hilft.

Ingrid Scheibers Gospelchor darf auftreten, obschon Gesangsveranstaltungen verboten sind. Denn es ist ein spezieller Chor: Er besteht aus Gehörlosen, die die Musik in Gebärdensprache zum Ausdruck bringen. Nur eine professionelle Musikerin singt. So kommt die Gehörlosengemeinde der Ostschweizer reformierten Kirchen an ihrer Weihnachtsfeier zu einem einzigartigen Chorauftritt.

Videotelefonie statt Fax

Gehörlose Menschen haben es in der Corona-Zeit nicht einfach. «Die Maske ist eine Barriere für mich», sagt Scheiber, die nicht vollständig gehörlos ist. «Sie behindert mich darin, die Menschen zu verstehen, indem ich ihre Lippen ablese.» Dass überall Masken getragen werden, ist ein Kommunikationshindernis – in einer Zeit, in der die sozialen Kontakte bereits auf ein Minimum reduziert sind. Wie gehen Gehörlose damit um?

«Gerade ältere Gehörlose, die zur Risikogruppe gehören, haben wenig Möglichkeiten, andere zu treffen», weiss Ruedi Hofer, reformierter Gehörlosenpfarrer in St. Gallen. Er tut, was möglich ist, um den Kontakt zu Gehörlosen und innerhalb der Gehörlosengemeinde aufrechtzuerhalten. «Soweit es die Lage erlaubt, organisieren wir Anlässe, natürlich stets unter Berücksichtigung der geltenden Bestimmungen. Wir rufen die Menschen auch per Videotelefonie an, mit Skype oder Facetime.» Und mit Whatsapp könne man auch Videobotschaften verschicken. «Zum Glück sind diese Hilfsmittel schon vorhanden, früher gab es nur das Schreibtelefon und den Fax.»

Masken mit Fenster ungeeignet

Für die unumgänglichen Kontakte im Alltag – etwa beim Einkaufen oder beim Gang zur Post – sieht das BAG eine Ausnahme vor: Dann dürfe das Personal «die Maske selbstverständlich abnehmen», um mit Gehörlosen zu kommunizieren, wie es in den Erläuterungen zur Covid-19-Verordnung heisst. «In der Regel funktioniert das ohne Probleme», erzählt Felix Urech, Mitglied der Gehörlosengemeinde. «Ich teile jeweils mit, dass ich nicht höre, dann zieht das Gegenüber die Maske ab.» Scheiber ergänzt: «Am Anfang war es schwierig, da hat sich das Personal auch mal geweigert, die Maske abzunehmen. Aber mittlerweile ist das Verständnis da.» Und was ist mit Spezialmasken mit Sichtfenster? «Das Lippenlesen ist auch da schwierig», findet Urech, «weil das Fenster spiegelt und mit Dampf beschlägt. Das Beste für uns ist eine Scheibe zwischen Kunde und Personal.»

Text: Stefan Degen | Foto: zVg – Kirchenbote SG, Februar 2021

 

Wie kleine Kinder damit umgehen, dass sie die Gesichter ihrer Betreungspersonen in Kitas und Kindergärten nicht vollständig sehen können, lesen Sie hier

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