«Mehr Leben in die ‹Bude› bringen»

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25.03.2021
Die Kirchgemeinde Unteres Toggenburg dachte laut über den Verkauf einer Kirche nach – der Weg ist nun aber ein anderer.

«Es braucht etwas Revolutionäres», sagt Kirchenpräsident Enzo Fuschini. Ein Raum, wo getanzt oder gespielt, ein grosser,
langer Tisch zum Essen aufgestellt werden kann? Gar eine Wohnung im Dachstuhl der Kirche? Diese Fragen diskutiert die Vorsteherschaft der Kirchgemeinde Unteres Toggenburg. Sie, die zuerst mit dem Verkauf einer Kirche liebäugelte.

Doch als die Idee vor zwei Jahren aus- und mit versammelter Gemeinde besprochen wurde, war schnell klar, dass gegen diese emotionale Bindung an die Lütisburger Kirche schwer anzukommen ist: Hier wurden viele getauft, konfirmiert, getraut. Hier wurde den Eltern à Dieu gesagt und hier wollen sich viele dereinst vom Erdendasein verabschieden.

Projektstudie in Auftrag gegeben

«Wir besitzen drei Kirchen, drei Pfarrhäuser, ein Kirchgemeindehaus. Die Bütschwiler Kirche ist im Ortsbildschutz, das Ganterschwiler Gotteshaus steht unter Bundesschutz», sagt Kirchenpräsident Enzo Fuschini. Trotz vieler Häuser haben die Untertoggenburger Reformierten aber keinen Raum, wo sich die ganze Gemeinde versammeln oder feiern kann. «Lütisburg steht dabei am schlechtesten da, für die Sonntagschule ist es beispielsweise schwierig, in einem adäquaten Raum etwas durchzuführen.» Im Gegenzug ist die Lütisburger Kirche nicht als schützenswert eingestuft. «Wenn wir etwas ändern können, dann bei ihr», sagte sich die Vorsteherschaft und gab eine Studie für einen Erweiterungsbau hinter dem Turm der Kirche in Auftrag. 

Von Grund auf alles betrachten

Doch so gut die Anbauvarianten zweier Architekten waren, so schlecht war das Gefühl, den falschen Weg eingeschlagen zu haben. Der Besitz hätte sich weiter vergrössert, das Raumproblem aber wäre immer noch nicht gelöst gewesen. Die Vorsteherschaft liess die Anbauidee fallen, setzte sich zurück an den Start, angestossen durch die scheinbar lapidare Frage «Was wollt ihr eigentlich?» eines Kirchbürgers. Ausser Spesen nichts gewesen? «Ja, wir haben Geld ‹verlochet›, doch dieser Umweg hat uns die Augen geöffnet.» Seit Kurzem wird nun alles durchleuchtet, das heisst, Heizungen werden überprüft, allfällige Sanierungen, Verkäufe, Vermietungen von Gebäuden durchgespielt, das Montieren von Photovoltaikanlagen – im Hinblick darauf, der Ökologie mehr Platz zu geben – in Betracht gezogen, ebenso die Umgestaltung der Lütisburger Kirche. Kurz: «Aufgrund eines Gebäudekonzeptes wollen wir dann die Räume so nutzen, dass wir die Gemeinschaft mehr fördern können, damit etwas mehr Leben in die ‹Bude› kommt, nicht nur der Gottesdienst im Zentrum steht», so Fuschini. Personell wurde bereits reagiert und eine Diakonin angestellt.

Alle ins Boot holen

Für Fuschini verpufft die Wirkung des Frontalunterrichts, wie er den klassischen Gottesdienst nennt, je länger je mehr. Es gelte, ohne Beisshemmung vermeintlich in Stein Gemeisseltes anzuzweifeln. Dies beginnt für Fuschini mit der Gestaltung des Kirchenraums und endet bei einer möglichen kommunalen und interkonfessionellen Zusammenarbeit. «Wir müssen über die Nutzung der Gebäude beziehungsweise der Kirchen sowohl mit den Katholiken als auch der politischen Gemeinde diskutieren und dies gemeinsam angehen.» Zurück zu paritätisch genutzten Kirchen? «Möglicherweise.» Und wie sieht dies nun konkret für Lütisburg aus? Der Kirchenpräsident muss schweigen. Denn die Kirchbürgerschaft hat Vorrang und wird am 6. Juni an der Versammlung orientiert.

Text: Katharina Meier | Foto: Martin Lendi – Kirchenbote SG, April 2021

 

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