Missionar und Menschenfreund: Armeniervater Jakob Künzler verstarb vor 75 Jahren

von Peter Eggenberger
min
17.01.2024
Am 15. Januar 1949 verstarb der Jakob Künzler. Tausende in der Türkei verfolgter Armenier haben ihre Rettung dem mutigen Ostschweizer zu verdanken, an den Gedenkstätten in Walzenhausen und Hundwil sowie am Appenzeller Friedensweg erinnern.

In Hundwil 1871 geboren und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, absolvierte Jakob eine Lehre als Zimmermann. Er aber wollte Missionar werden, und deshalb trat er 1893 ins Basler Diakoniehaus in der Aeschenvorstadt ein. Hier wurde er zum Krankenpfleger ausgebildet, und im Bürgerspital Basel unterstützte er Chirurgen bei verschiedensten Operationen. 1899 folgte er dem Ruf der Orient-Missionsgesellschaft, übersiedelte in die Südtürkei und trat in den Dienst des Spitals in Urfa.

Ein Arzt für alle

Gemeinsam mit dem Schweizer Arzt Hermann Christ führte Künzler das Spital, wobei Türken, Kurden und Armenier gleichermassen Aufnahme fanden und betreut wurden. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914) richtete sich der Hass der Türken gegen die Armenier. Für Urfa war der 19. August 1915 ein besonders schrecklicher Tag, floss doch das Blut Unschuldiger in Strömen. Künzler operierte und pflegte pausenlos. Ausserhalb der Stadt besass er einen Weinberg, wo seine junge Frau Elisabeth – die Tochter eines Missionars – eine grosse Schar Armenier versteckte. Als Landesverräter wurde er zum Tode verurteilt. Zur Vollstreckung des Urteils kam es aber nicht, weil das amtliche Vollziehungsdokument auf unerklärliche Weise verschwunden und unauffindbar war.

 

8000 Waisenkinder in den Libanon geführt

Auch nach Kriegsende wurden die verbliebenen armenischen Christen unterdrückt. 1922 zog Künzler mit seiner Familie und rund 8000 armenischen Waisenkindern von der Südtürkei über das Taurusgebirge in den damals sicheren Libanon. In Ghazir wurde dem Ehepaar Künzler ein grosses Kinderheim anvertraut. Schulen und Werkstätten wurden eingerichtet. In den folgenden Jahren setzte sich der mit dem Ehrentitel „Vater er Armenier“ ausgezeichnete Appenzeller unermüdlich für seine Schützlinge ein. In Libanons Hauptstadt Beirut führte er später ein riesiges Lager für 20000 armenische Flüchtlinge. Seine unermesslichen Verdienste ehrte die Universität Basel 1947 mit dem Titel „Doktor der Medizin ehrenhalber“. Seine letzte Ruhe fand der mutige Appenzeller auf dem evangelischen Friedhof in Beirut.

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