Mit dem Kartenspiel für den Frieden
Yunita Tan und Wawan Gunawan legen die Spielkarten mit den Porträts der indonesischen Politiker und Freiheitskämpfer auf den Tisch. «Yap Thiam Hien war ein chinesischer Anwalt. Johannes Leimena, später Minister unter Suharto, war Christ», erklärt Yunita Tan. Mit diesen Karten wollen die beiden den Jugendlichen zeigen, dass nicht nur Muslime für die Selbständigkeit des Inselstaates gekämpft haben, sondern auch Christen, Buddhisten und Hinduisten. Entgegen der offiziellen Lesart, die behauptet, nur Muslime hätten Indonesien die Freiheit gebracht.
Mit solchen Projekten kämpfen die beiden Aktivisten des Friedensnetzwerkes Jakatarub gegen die zunehmende muslimische Radikalisierung der Politik und Gesellschaft. Ein geplantes Gesetz sieht drakonische Strafen für das Zusammenleben ohne Trauschein und für ausserehelichen Sex vor. Tausende Demonstranten protestierten jüngst dagegen auf der Strasse. Die Polizei antwortete mit Tränengas, Panzerwagen und Knüppeln.
Der Einfluss des radikalen Islams nimmt zu
Über Jahrzehnte galt Indonesien als Hort der religiösen Toleranz. Neben den 191 Millionen Muslimen konnten die Christen, Hinduisten, Buddhisten und Ureinwohner ihre Religion und Rituale leben. Garant waren das Militär unter Diktator Suharto, das die verschiedenen Bevölkerungsgruppen auf den verstreuten Inseln wie eine eiserne Klammer umschloss. Politische Freiheiten gab es wenige.
Wawan Gunawan, ein sunnitischer Muslim, hatte den Sturz des Diktators miterlebt, als er 1998 an den grossen Protestmärschen teilnahm. Doch seit Suhartos Rücktritt brechen die Gräben in der Gesellschaft auf. In den letzten Jahren nahm der Einfluss des radikalen Islams ständig zu. Viele werden in den Sozialen Medien und teils in den Moscheen aufgehetzt und manipuliert.
Abbau von Vorurteilen
Friedensprojekte wie das Netzwerk Jakatarub, das von dem Basler Hilfswerk Mission 21 unterstützt wird, kämpfen gegen die religiöse Polarisierung in der Gesellschaft. Mit Jugendcamps und Friedensdörfern fördern sie die religiöse Verständigung und Toleranz zwischen jungen Christen, Muslimen, Buddhisten und Hinduisten. Viele dieser Jugendlichen hatten kaum Kontakt zu anderen Religionsgemeinschaften.
Was nach Spass unter Studierenden klingt, ist in Indonesien bitterernst. Yunita Tan weiss, dass ihre Einsätze gefährlich sind. Deshalb erzählt sie ihrer Familie selten, was sie vorhat. «Sie sollen sich nicht ängstigen», sagt die junge Frau. Als Chinesin und Christin gehört Tan zwei Minderheiten an. Diskriminierungen prägen ihre Familiengeschichte. Ihr bleibt nur der Kampf um Anerkennung. Und wenn es schwierig wird? «Dann vertraue ich auf Gott», sagt sie.
Tilmann Zuber, kirchenbote-online, 23. Oktober 2019
Mit dem Kartenspiel für den Frieden