Mit dem Traktor durch das Kantonsspital

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27.05.2021
Sonntag für Sonntag schieben Freiwillige Betten und Rollstühle durch das Kantonsspital St. Gallen. Sie begleiten Patientinnen und Patienten zum Gottesdienst. Ein Lichtblick im Spitalalltag.

 «Wer holt Betten, wer Rollstühle, wer fährt Traktor?» Im Kantonsspital St. Gallen werden Aufgaben verteilt: Kärtchen, auf denen notiert ist, wer den Spitalgottesdienst besuchen möchte, mit allen nötigen Angaben: Wo die Patientin zu finden ist, mit oder ohne Infusion, im Bett oder im Rollstuhl. Und in den steilen Strecken kommt ein «Traktor» zum Zug – ein Elektrowagen, der das Bett schiebt, für den man extra einen Fahrkurs benötigt. 

Jeden Sonntag findet in der Spitalkapelle ein ökumenischer Gottesdienst statt. Ohne die Hilfe von Freiwilligen wäre das undenkbar. Der spitaleigene Transportdienst ist am Wochenende reduziert. So sind es Freiwillige, die Betten und Rollstühle schieben, «Traktor» fahren. Auf katholischer Seite ist für jeden Sonntag eine andere Pfarrei zuständig, während sich bei den Reformierten ein Team von Freiwilligen den Dienst teilt. Einer von ihnen ist Christian Simon, eine treue Seele, seit zehn Jahren dabei.

Labyrinth im Untergrund

Der Transport im Kantonsspital findet im Untergrund statt. Ein Labyrinth aus Tunneln verbindet die einzelnen Gebäude. Wer sich nicht auskennt, ist schnell einmal verloren. Gekonnt führt Simon durch das Labyrinth: Rein in den Lift, runter in den Untergrund, ab durch das Gewirr von Tunneln, rein in den Lift, rauf zur Bettenstation, Hände desinfizieren. «Grüezi, wir würden gerne Frau XY abholen für den Gottesdienst.»

 

«Als ich die Trompete erwähnte, ist er fast aus dem Bett gesprungen, so hat er sich gefreut.»

 

Christian Simon schätzt die Spitalseelsorge aus eigener Erfahrung. «Meine Frau war lange krank.» In dieser Zeit habe sie oft Besuch von der Spitalseelsorgerin erhalten. «Als meine Frau dann verstorben ist, wollte ich etwas zurückgeben. So bin ich zum Spitaldienst gekommen.» Ausserhalb des Spitals besucht Simon nur selten einen Gottesdienst. Die Spitalgottesdienste aber schätzt er. «Die Spitalseelsorgenden sind nahe bei den Menschen. Sie spenden Trost und Zuversicht.»

Elf Patientinnen und Patienten sind an diesem Sonntag in die Kapelle gekommen. Die Teilnehmerzahl ist wegen Corona beschränkt. Mit gebührend Abstand im Raum verteilt, lauschen sie der schlichten Predigt und Liturgie. Sechs Patienten mussten kurzfristig absagen. Sie erhalten im Laufe des Tages dafür Besuch von der Spitalseelsorge.

Ein Patient, etwa 50-jährig, bedankt sich beim Rücktransport immer wieder. Der Gottesdienst habe ihm gut getan. «Die vielen positiven Reaktionen motivieren mich», sagt Simon. «Ich habe einmal einen Herrn eingeladen und nebenbei erwähnt, dass jemand Trompete spielt. Da ist er fast aus dem Bett gesprungen, so hat er sich gefreut.»

Austausch bei «Kafi und Gipfeli»

Mittlerweile sind die Patienten zurück auf der Station, rechtzeitig zum Mittagessen. Die Freiwilligen haben einen Gutschein für Kaffee und Gipfeli erhalten und sitzen in Gruppen beisammen. Mit dabei ist auch Spitalseelsorgerin Maja Franziska Friedrich. Die Coronazeit sei intensiv gewesen, erzählt sie, das Bedürfnis nach Spitalseelsorge von allen Seiten gross: von Patienten, von Angehörigen und vom Pflegepersonal. Besonders die zweite Welle habe die Pflegenden auch psychisch belastet: «Dass so viele Patienten aufgrund der gleichen Krankheit gestorben sind, hat ihnen zu schaffen gemacht.»

Friedrich ist dankbar für die Freiwilligen vom Spitaldienst. Auch Austausch und Zusammenhalt seien schön. «Es entsteht eine Art Gemeinde von Menschen, die sonst vielleicht keinen Gottesdienst besuchen würden.»

Text | Foto: Stefan Degen – Kirchenbote SG, Juni-Juli 2021

 

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