Präzise Einsätze, Stimmgewalt, Tempi

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29.06.2018
«Ich bin.» Die Worte aus dem Johannesevangelium haben mit der Pop-Kantate «Das Licht der Welt» eine neue Dimension erreicht. Chormusik, gepaart mit Klassik und Bandsound, brachte die Bibelworte zeitgenössisch zum Ausdruck.

Doch nicht das Wort war am Anfang, sondern die Idee, einen Beitrag für das Reformationsjubiläum zu leisten. Dann kamen die Ich-bin-Worte. Es gesellte sich die Musik des Komponisten Roman Bislin-Wild dazu. Carl
Boetschi und Alexander Cern holten den Johannestext in die Gegenwart. Hier suchten die Verantwortlichen nach Singfreudigen. 

«Mein ‹Theologenherz› pochte, als eine bibelkundige Frau zu mir sagte: Im Zusammenspiel von Wort und Musik habe ich die ‹Ich-bin-Worte› zum ersten Mal in ihrer Tiefe verstanden.»
Carl Boetschi

 

Ökumenisch umgesetztes Projekt
Schliesslich sangen 100 Männer und Frauen, spielte eine Band, strichen Musiker mit den Bögen über die Saiten, gab Esther Wild Bislin den Takt an, trat Kimberly Brockman als Solistin auf. Es gab Herausforderungen – die Finanzierung, die Akustik und der Bühnenaufbau in den Kirchen – bei dem ökumenisch umgesetzten Projekt, das die Ref. Kirchgemeinde Unteres Toggenburg verantwortete. Ihr Projektchor «Sing-mit» und der katholische Kirchenchor Oberuzwil standen hingegen schnell in Flammen. Mit Stimmgewalt, präzisen Einsätzen und Tempiwechseln sangen die vereinten Chöre vom Anfang, Licht der Welt, Brot des Lebens, guten Hirten, Weg, Weinstock, von der Tür und Auferstehung. Denn: «Wenn man schon mitten im Leben tot sein kann, warum sollte man mitten im Tod nicht lebendig werden können, auferstehen und sich bewegen?» 

Sprechtext, Musik, Gesang
Die Texte von Boetschi und Cern rüttelten auf, drangen wie Pfeile ins Herz. Sie rissen die Zuhörenden mit ihren Einsätzen zwischen Lied und Musik aber manchmal auch aus dem Sich-Einlassen in den Gesang und die poppigen sowie melodiösen Klänge und Rhythmen heraus. Ohne Sprechtexte hätte wiederum etwas gefehlt. «Obwohl ich mir als Kirchenmusikerin durchaus ein längeres Instrumentalstück dazwischen hätte vorstellen können», sagt Esther Wild Bislin. Entschädigung, wenn von einer solchen die Rede sein müsste, fand das Publikum im nicht unterbrochenen, irisch anmutenden «guten Hirten» und den Zugaben. 

Berührt worden
«Es war eine schöne Zusammenarbeit der zwei Chöre; Freundschaften sind gewachsen, die singenden Laien wuchsen über sich hinaus. Es bleibt schlicht eine grosse Zufriedenheit zurück, dass dieses neue und zeitgemässe Werk Beteiligte und Zuhörende gleichermassen berührte», so die Projektleiterin.

 

Text und Fotos: Katharina Meier   – Kirchenbote SG, Juli-August 2018

 

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