«Seid mutig und stark»
«Warum möchtest du eigentlich noch Pfarrer werden?», wurde Dominik Gantenbein kürzlich von einem Freund gefragt. Darauf wusste er nicht gleich eine Antwort. Darum gab er die Frage in einer Dialogpredigt gleich an Melanie Homberger und Reto Schaufelberger weiter.
Über Mauern springen
Eigentlich müssten sich die drei diese Frage nicht mehr stellen. Weil sie bereits Pfarrerin und Pfarrer sind. Nach Abschluss von Studium und Vikariat wurden sie am Sonntag zusammen mit sechs Sozialdiakoninnen und Sozialdiakonen in der reformierten Kirche in Wattwil von Martin Schmidt, Präsident des Kirchenrates der Evang.-ref. Kirche des Kantons St.Gallen, ordiniert. Die Ordination sei bei Pfarrpersonen quasi der Schlusspunkt der Ausbildung, erklärte Schmidt. «Es ist die Beauftragung zum kirchlichen Dienst», also Voraussetzung zur Ausübung des Pfarramtes. Auch die Sozialdiakoninnen und Sozialdiakone würden durch die Ordination zum kirchlichen Dienst beauftragt. Für sie bedeutet es die Wählfähigkeit.
Bezogen auf die neun kirchlichen Berufsleute könnte die Frage also lauten: «Warum möchtet ihr eigentlich bei der Kirche arbeiten?» «Weil eine Kirche Schutz und Geborgenheit bietet», antwortete Melanie Homberger später in der Predigt. Kirchenmauern würden vor Lärm und Unruhe bewahren, gäben Halt in schwerer Zeit. Rückzug könne kaum die Lösung sein, entgegnete Reto Schaufelberger. Er erinnerte an die Pfingstgeschichte und an den Psalm 18, in dem es heisst: «Mit meinem Gott überspringe ich Mauern.» Während der Zeit im Vikariat seien ihm viele Menschen begegnet, die Mauern übersprangen, etwa Mauern der Konfessionen oder Religion, Mauern der Indifferenz oder eben Kirchenmauern. Darum möchte er trotz schwierigen Zeiten für eine Kirche arbeiten, die offen und einladend sie, die Raum biete sich gegenseitig zu unterstützen, die für die Menschen Zufluchts- und Rückzugsort ist.
Verantwortungsvolle Tätigkeit
«Es freut mich natürlich sehr, dass sich nach wie vor Menschen in den Dienst der Kirche stellen», sagte Martin Schmidt zu den neun kirchlichen Berufsleuten. Durch die Ordination würden sie bezeugen, dass sie in Verantwortung gegenüber Gott und gegenüber den Menschen dienen würden. Dazu wünsche er ihnen alles Gute und Gottes Segen - oder um es in Moses Worte zu sagen: «Seid mutig und stark.»
Neu(n) im Dienst der Kirche
Mit Reto Schaufelberger wurde erstmals im Kanton St. Gallen ein Pfarrer ordiniert, der den Quest-Lehrgang absolviert hat. Quest ist ein verkürztes Theologiestudium für Personen, die bereits über einen Hochschulabschluss verfügen. Reto Schaufelberger ist ursprünglich Ökonom und war im Management bei internationalen Schmuck- und Uhrenherstellern tätig. Er tritt seine erste Pfarrstelle in der reformierten Kirchgemeinde Sargans an. Melanie Homberger übernimmt im aargauischen Baden ein Pfarramt und Dominik Gantenbein in Frauenfeld. Claudia Ruffer und Monica Ferrari-Zanetti sind als Sozialdiakoninnen in der Kirchgemeinde Straubenzell St.Gallen tätig, Silke Steiger in der Gemeinde Oberer Necker. Marcel Urban arbeitet als Sozialdiakon in der Kirchgemeinde Wil, Mathias Suremann in Nesslau und Peter Bruderer in Rorschach und bei der Kantonalkirche.
«Seid mutig und stark»