Ton- und Videotechniker sowie Lichtkünstler

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21.04.2022
Blumen steckt er nicht mehr zusammen, die Kerze nach wie vor an und immer mehr das Mikrofon ein: Mesmer, Hauswart und Gastgeber der Kirchgemeinde Gossau-Andwil, Oliver Niebuhr, ist in der Kirche immer mehr Ton- und Videotechniker.

«Ohne Laptop oder das Handy ist heute ein Gottesdienst kaum mehr möglich», sagt der 53-Jährige. Er erhält ein, zwei Tage vor dem Gottesdienst vom Pfarrer oder der Pfarrerin einen klar strukturierten Ablauf mit den aufgelisteten Requisiten wie Handmikrofon oder Headset sowie je nach «Szene» Bemerkungen zu den einzelnen Einstellungen. Sind die Kirchenglocken verklungen, die ebenfalls via Laptop gesteuert werden können, zieht der Mesmer hinter der sitzenden Kirchgemeinde im Hintergrund die Fäden. Er regelt die Lautstärke der Stimme des Pfarrers, zoomt beim Kirchenlied auf die Orgel, dimmt das Licht, wenn nötig, schwenkt mit der Kamera über die Kirchgemeinde, holt den Täufling mit seinen Eltern ganz nah heran, zeigt die Kirche in der Totale.

Modernste Kirche im Kanton 

Während Niebuhr die festinstallierte Kamera, Ton und Licht von seinem Laptop aus mittels vorprogrammierter Einstellungen führt, wird der Gottesdienst live in die Stube jener übertragen, denen es nicht möglich ist, die Kirche zu besuchen. «Wir lassen danach die Gottesdienste zehn Wochen auf unserer Homepage, um sie jederzeit nochmals anzuschauen oder als Film sowie Podcast herunterzuladen.»

 

«Ohne den Laptop oder das Handy ist heute ein Gottesdienst kaum mehr möglich.»

 

Auf ausdrücklichen Wunsch hin lässt Niebuhr auch Hochzeiten, Taufen oder Abdankungen aufnehmen und schickt dann dem Traupaar, den Eltern oder der Trauergemeinde einen Link, damit diese eine CD brennen oder den Anlass auf ihrem Computer speichern können. «Ich behaupte, dass wir die modernste Kirche im Kanton haben», schmunzelt der Norddeutsche. «Und dies nicht erst seit Corona.» Wohl habe die Pandemie die Entwicklung vorangetrieben, doch bereits vorher hätten die Kirchenverantwortlichen auf modernste Technologien gesetzt.

Vermietungen und Führungen

Der gelernte Dachdecker holte sich sein Rüstzeug für den Mesmerberuf in einer anderthalbjährigen Ausbildung zum eidg. dipl. Hauswart bei der Kirchgemeinde Tablat-St. Gallen. Seit 2017 ist er in Gossau im Gemeinschaftshaus Witenwis für die Technik verantwortlich und putzt zusammen mit seiner Kollegin Sonja Bruhin die Kirche Haldenbüel und das Kirchenareal, dem Büros, weitere Räume und auch ein grosser Saal angegliedert sind. Die Vermietungen werden nicht weniger, ebenso die Führungen durch die Kirche: Möchte ein Verein etwas über die Kirche auf dem Haldenbüel hören, erzählt Niebuhr die Geschichte des Zentralbaus mit den Jugendstilelementen. Wünschen Trauzeugen, die Kirche mehrmals zu sehen, ist der Mesmer da. Probt ein Chor, kommt der Hauswart als Erster und dreht den Schlüssel als Letzter.

Anrecht auf ein sauberes WC

«Darüber hinaus heisst es aber nach wie vor auch: putzen, putzen, putzen», so der Gastgeber. Er mache es gern, schliesslich habe jeder ein Anrecht auf ein sauberes WC sowie Lokal. Er übe den schönsten Beruf aus, den es gebe: abwechslungsreich, Kontakt mit verschiedensten Menschen, ein gutes Team. Doch mit der Fülle der Arbeit häuften sich auch die Arbeitsstunden an. «Jetzt sind wir daran, strukturell etwas zu ändern.» So begleitet Niebuhr fortan nicht mehr jeden Chor bei einer Probe vom Anfang bis zu ihrem Ende. Er überlässt die Kirche vertrauensvoll einem Sänger. Und auch die Rabatten bei der Kirche seien weniger arbeitsaufwendig gestaltet worden. Es lässt sich auch in Gossau nicht alles per Laptop steuern, aber vieles im guten Einvernehmen und lösungsorientierten Gespräch.

Text | Foto: Katharina Meier – Kirchenbote SG, Mai 2022

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