Unbezahlt, aber Gold wert

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27.05.2021
Der Schlüssel zum Einbezug von Freiwilligen liegt im persönlichen Kontakt. Sie zu begleiten und ihre Arbeit wertzuschätzen ist aber aufwendig. Die Kirchgemeinde Gossau-Andwil zeigt, wie es gelingt.

130 Osternestchen hat Isabelle Contratto mit drei Helfern verteilt. Sie sind durch Gossau gefahren und haben alle persönlich übergeben. «Das war eine Heidenarbeit», resümiert sie, «aber wir wollten den Leuten zeigen, dass wir sie trotz Corona nicht vergessen haben.»

Die «Leute», das sind Menschen, die sich freiwillig in der reformierten Kirche Gossau-Andwil engagieren. Sie leiten Kinder- und Jugendlager, kochen für den Seniorenzmittag, holen Leute mit dem Kirchenbus zum Gottesdienst ab, helfen Flüchtlingen bei Jobsuche und Bürokram oder arbeiten in der Kleiderbörse mit – die Liste liesse sich problemlos verdreifachen. Über 150 Freiwillige sind in der Kirchgemeinde aktiv. Zuständig für sie ist Isabelle Contratto, die in der Kirchenvorsteherschaft das Ressort Freiwilligenarbeit betreut. Wie schafft sie es, den Überblick zu behalten?

«Anita Frehner, unsere Sekretärin, hat den Überblick und führt eine aktuelle Liste», lobt Contratto. Denn es sei wichtig, den Freiwilligen Sorge zu tragen, den Kontakt zu pflegen. «Jede Gruppe hat eine Leiterin», erzählt sie, «meine Ansprechperson.» Einmal im Jahr lade sie diese in ein Café ein, um zu erfahren, wo der Schuh drückt. «Zuhören und Zeit schenken ist eine Form von Wertschätzung.» Alle zwei Jahre gebe es zudem ein grosses Dankesessen für alle Angestellten und Freiwilligen. «Das ist dann eine grosse Kiste mit speziellem Rahmenprogramm.» In den Zwischenjahren können die einzelnen Freiwilligengruppen selbst etwas unternehmen, einen Ausflug zum Beispiel. «Wir müssen sie aber dazu regelrecht ermuntern», sagt Contratto, «oft sind sie fast zu bescheiden.»

Dort hingehen, wo die Leute sind

An Freiwilligen mangelt es der Kirchgemeinde Gossau-Andwil nicht. Wie schafft sie es, Menschen für die Mitarbeit zu gewinnen? «Die beste Werbung ist Mund-zu-Mund-Propaganda», stellt Contratto fest. «Wichtig ist auch, sich im Bistro zu zeigen.» Sie gehe dorthin mittagessen, einfach, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, zu hören, was sie bewegt. «So gewinne ich manchmal auch eine freiwillige Mitarbeiterin.» Das Bistro gehört zum Gemeinschaftshaus Witenwis, einem kürzlich gebauten kirchlichen Begegnungszentrum für Jung und Alt.

Bei der Jobsuche wichtig

Manchmal melden sich auch Zugezogene von sich aus: Sie seien neu in Gossau, würden sich gerne engagieren. Dann lädt Contratto sie zum Kaffee ein, um herauszufinden, welche Tätigkeit zu ihnen passt. Und sie erklärt ihnen die Rahmenbedingungen. Alle Freiwilligen sind über die Kirchgemeinde haftpflichtversichert, erhalten einen Nachweis ihrer Tätigkeit, den sie auch Bewerbungen beilegen können. «Für Junge, die eine Lehrstelle oder einen Job suchen, kann das Gold wert sein.»

Was sind das für Leute, die sich freiwillig in der Kirchgemeinde engagieren? «Viele haben mit der Kirche gar nicht so viel am Hut», sagt Contratto. «Es sind Vereinstypen, die am gesellschaftlichen Leben teilhaben wollen – ob nun im Turnverein oder in einem kirchlichen Dienst.» Es gebe aber auch einige, die oft in den Gottesdienst kämen, denen die christliche Botschaft wichtig sei. «Diese sind sehr wertvoll. Vielleicht sprechen sie ein Gebet, bevor sie sich an die Arbeit machen. Der Dienst bekommt dadurch eine zusätzliche Dimension.»

Text: Stefan Degen | Foto: Elke Hegemann – Kirchenbote SG, Juni-Juli 2021

 

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