Unterwegs mit dem Blindenführhund

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21.08.2018
Der beste Freund des Menschen ist der Hund. Seine besondere Bedeutung bekommt dieses Sprichwort dann, wenn der Hund ein Blindenführhund ist – so, wie bei der Radiojournalistin Yvonn Scherrer.

Yvonn Scherrer, Theologin, Journalistin beim Schweizer Radio, Aromaberaterin, Buchautorin und noch manches mehr, hat mit sieben Monaten wegen einer Krebserkrankung ihr Augenlicht verloren. Seither ist sie vollblind. 

Ein Hund zur Probe 
Viele Jahre ihres Lebens war sie darum mit ihrem «Langstock» unterwegs, aber so ein Stock hat keine Augen. Deshalb ist es ihr immer wieder passiert, dass sie Hindernissen auf Kopfhöhe nicht ausweichen konnte. Obwohl sie ihre Bedenken hatte, ob sie und ein Hund miteinander auskommen, hat sie sich irgendwann entschieden, es doch einmal zu versuchen. Unterdessen ist sie bereits mit ihrem dritten tierischen Begleiter unterwegs und ist glücklich über die Augen, die er für sie hat. Was sie am meisten fasziniert, ist der Umstand, wie sie als Team funktionieren und ihr Labrador dabei immer wieder Erstaunliches leistet. Einerseits gehorcht ihr Aslan aufs Wort, wenn sie ihm «Hörzeichen» gibt (also Kommandos, die übrigens immer italienisch sind), andererseits ist er in der Lage, sich, wo nötig, ihrem Befehl zu widersetzen, wenn ein unerwartetes Hindernis, wie zum Beispiel eine Baustelle, auftaucht.

«Aslan und ich sind ein eingespieltes Team.» 

Hund und Mensch im Vergleich 
«Blindenführhunde haben Menschen gegenüber Vor- und Nachteile», erklärt Yvonn Scherrer. Der Hund könne beispielsweise Farben nicht unterscheiden; er könne zwar anzeigen, dass sie nun vor einer Verkehrsampel stünden, aber herausfinden, ob das grüne oder rote Licht leuchte, müsse sie selber, sagt die Journalistin. «Sich bewegende Objekte im Strassenverkehr (wie zum Beispiel fahrende Autos oder Velos) kann der Hund relativ schlecht als Gefahr einschätzen und er kann natürlich nicht lesen.» Dafür verwechselt er niemals links und rechts, wie das hilfsbereite Menschen öfter tun und die blinde Frau auch schon schmerzhaft erfahren musste. Aslan ist ausserdem weniger abgelenkt als manche Menschen und hat wirklich immer Zeit für sie. Und mit ihm kommt sie überraschenderweise schneller durch das Menschengewirr am Hauptbahnhof Zürich als ein Mensch ohne Hund. Erklären kann sich Scherrer das nicht so recht.

Die Aufgaben von Aslan
Yvonn Scherrers Hund ist kein Assistenzhund, er bringt ihr also keine Gegenstände. Er hilft ihr vor allem, sich im Strassenverkehr sicherer und unfallfreier bewegen zu können. Seine Hauptaufgaben sind dabei, stehende Hindernisse zu umgehen (auch solche, die deutlich über seiner eigenen Kopfhöhe sind), die Bewegungsrichtung einzuhalten und die Ziele anzuzeigen, etwa wo genau der Bancomat in der Hauswand ist oder die geschlossene Eingangstür eines Zuges (was wirklich eine echte Herausforderung ist). Aslan kann im richtigen Abstand vor einer anderen Person stehen bleiben und auch bei grossem Lärm oder viel Betrieb rundherum total ruhig liegen bleiben. 

Man spürt es, wenn man mit ihr spricht: Scherrer ist begeistert von ihrem treuen, sensiblen und intelligenten Begleiter an ihrer Seite und dankbar für seine Unterstützung. 

 

Text: Marcel Wildi | Fotos: zur Verfügung gestellt, pixabay  – Kirchenbote SG, September 2018

 

 

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