Vielfältige Identitäten

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01.10.2018
Identität und Zugehörigkeit werden in jeder Kirchgemeinde auf einmalige Weise geprägt. Sechs Gemeinden aus ebenso vielen Denominationen stellen sich kurz vor.

Wie entsteht Identität in einer Kirche? Was prägt das Miteinander? Welche sind die Stärken und Visionen? Aus demselben Ursprung heraus entstanden unterschiedliche Kirchenformen. Die jeweilige Identität wird nicht nur von der eigenen Tradition und von den Mitgliedern, sondern ebenso vom kulturellen Umfeld her geprägt. Sechs aufschlussreiche Einblicke zeigen die Vielfalt der Kirchen die aus der Reformation stammen. Jede Gemeinschaft steht in einem einmaligen Kontext und kann daraus spezifischen Bedürfnissen gerecht werden.

Evangelisch-lutherische Kirche

Unsere kleine Kirchengemeinde wurde 1954 gegründet. Sie ist grenzüberschreitend Heimat für lutherische Christen, die meist aus Deutschland stammen und die im Fürstentum Liechtenstein, in Graubünden und im St. Galler Rheintal wohnen. Die Gottesdienste finden sonntäglich, 10 Uhr in unserer Johanneskirche in Vaduz statt. Aus finanziellen Gründen wird die Gemeinde von einem Pfarrer im Ruhestand betreut. Unsere Kirche ist im BELK (Bund Evangelisch-lutherischer Kirchen in der Schweiz und im FL) eng verbunden mit den lutherischen Gemeinden in Basel, Zürich, Bern und Genf.  

Wir sind eine lebendige Kirche, die im Vertrauen auf Gott selbstbewusst und aufrecht ihren eigenen Weg geht. Wir sind eine gemeinschaftliche Kirche, die Freude und Begeisterung für das Evangelium wecken will und die Mitarbeit möglichst vieler Gemeindeglieder als wichtigen Wert wahrnimmt. Wir sind eine junge Kirche, die sich den Herausforderungen der modernen Welt stellt. Wir sind eine finanziell unabhängige Kirche, die vorwiegend aus der Finanz- und Gestaltungskraft ihrer Mitglieder lebt. 

Helmut Sobko, Pfarrer Evang.-luth. Kirche Vaduz (FL), luth-kirche.li

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Evangelisch-methodistische Kirche

Die Evangelisch-methodistische Kirche (EMK) ist weltweit organisiert. International zusammengesetzt ist auch die Gemeinde in St. Gallen. In den kirchlichen Räumen eines urbanen Wohnhauses findet jeden Sonntag ein deutschsprachiger und ein koreanischsprachiger Gottesdienst statt. Das sonntägliche Kinderprogramm erfolgt in Schweizerdeutsch. Im geschäftigen Umfeld von Raiffeisenbank, Akris und Hotel Einstein steht die Tür zur Kirche auch werktags für stille Momente offen. Jeden dritten Mittwoch wird zu einem Mittagessen eingeladen, bei dem auch Menschen aus dem Quartier dabei sind. Eine englischsprachige Eltern-Kleinkind-Gruppe trifft sich freitags.

Mit Hartnäckigkeit, Liebe und Herzlichkeit setzt sich die Gemeinde so für andere ein. Das Frömmigkeitsspektrum unter den Gemeindegliedern ist weit. Berührungsängste gibt es nicht. Auch die Zusammenarbeit mit Landes- und Freikirchen wird gepflegt. Im Wesentlichen – dem Glauben an Christus – ist man sich einig. Sonst gilt: Denken und Denken lassen. 

Jörg Niederer, Pfarrer Evang.-method. Kirche St. Gallen, emk-st-gallen.ch

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Evangelisch-reformierte Kirche

Wir feiern. In diesem Jahr 500 Jahre Reformation und 5 Jahre Kirchgemeinde. Dazu schauen wir zurück – vor allem aber nach vorne. 

Wir wollen Kirchgemeinde sein, die gemeinsam feiert und im Alltag begleitet, bildet und erlebt. Dazu ist uns die Gemeinschaft wichtig – manche nehmen oft teil, andere seltener, dritte nie. Alle aber tragen auf ihre Weise mit. 
Die Unterschiedlichkeit finden wir bereichernd. Wir leben zerstreut in verschiedenen Dörfern, Weilern und auf Einzelhöfen. Wir haben unterschiedliche Traditionen und Erfahrungen, auch in Bezug auf den Glauben. Das regt uns zum Austausch an. Denn wir sind gemeinsam unterwegs, in Freud und Leid. Viele Freiwillige arbeiten mit und übernehmen Verantwortung. Die örtlichen Vereine und Institutionen gestalten Feiern mit. Dieses Engagement für die und in der Kirchgemeinde schätzen wir sehr. 
Die Kirchgemeinde Oberer Necker liegt an der Quelle des Neckers. Unsere Strukturen sind im Fluss. Was aber bleibt und was wir feiern: Gott als Quelle des Lebens. 

Barbara Damaschke-Bösch, Pfarrerin Evang.-ref. Kirche Hemberg, ref-oberernecker.ch

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International Christian Fellowship (ICF)

Das Herzstück von Gemeinde-Identität liegt darin, dass Menschen sich von unserem wunderbaren Vater im Himmel angenommen und ihm zugehörig fühlen. Fehlt das, werden Menschen in der Gemeinde immer nach etwas auf der Suche bleiben. Auf der zweiten Ebene sind dann der Pastor und die Leiter mitentscheidend. Einer meiner Lieblingsbibelverse über Jesus ist: «Er war voller Gnade und Wahrheit». Das heisst: Er war 100 % beides. Voll mit Gnade und voll mit Wahrheit. Genau das sollen Leiter gegenüber ihren Leuten ausstrahlen: Du bist ganz angenommen und auf der andere Seite werde ich dich auch herausfordern, damit du in deinem Leben mit Jesus weiterkommen kannst. Als drittes ist dann der Style einer Kirche ausschlaggebend. Viele Leute stören sich daran, dass es so viele unterschiedliche Kirchen und Gemeinden gibt. Gerade darin sehe ich aber eine Chance: Weil es verschiedene Arten von Menschen gibt, ist es nur gut, wenn es auch verschiedene Arten von Kirchen und Gemeinden gibt. Dadurch entsteht ein grösserer Kreis von Menschen, die sich mit ihrer Kirche identifizieren und sich dort zugehörig fühlen können.

Markus Bächler, Senior Pastor ICF Chur, icf-chur.ch

 

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Freie Evangelische Gemeinden (FEG)

Wir sind eine christliche Kirche, in deren Mittelpunkt der Glaube an Jesus Christus steht, wie wir ihn in der Bibel kennenlernen. Wir sind Menschen unterschiedlichen Alters, mit unterschiedlichen Hintergründen und unterschiedlichen Charakteren. Wir haben unterschiedliche Bedürfnisse, Vorlieben und Vorstellungen. Doch das was uns verbindet, ist der Glaube an Jesus Christus. Er bildet das Zentrum unserer Gemeinschaft. Er ist unsere Identität. Was unser Miteinander prägt, ist unter anderem, dass wir eine Kirche für alle Generationen und interkulturell sind.  

Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: «Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist». Deshalb verstehen wir uns als eine Kirche, die das Evangelium von Jesus Christus so verkünden und leben will, dass es sich kraftvoll und nachhaltig auf jeden Menschen in Buchs und Umgebung auswirkt. Das ist unsere Vision. In zwei Worten ausgedrückt: «Chraftvolls Läbe».

Roman Meury, Leitender Pastor FEG Buchs, fegbuchs.ch

 

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Glaubenszentrum (GLZ), Pfingstmission

Die Identität einer Kirche entsteht aus dem gemeinsamen Glauben an Gott und aus der gelebten Kultur. Wir sind ein Leib. Im Glaubenszentrum sehen wir die Bibel in ihrer Vielfalt als Identitätsgrundlage. Hier finden wir viele Werte für unser Leben.

Wir möchten ...

– jeden in seiner Einzigartigkeit willkommen heissen
– uns als Familie gegenseitig wertschätzen und unterstützen
– mutig im Glauben und grosszügig im Geben sein
– dass Menschen ihre Bestimmung und ein erfülltes Leben finden
– Gott unser Bestes geben, weil Er es wert ist.

Diese Werte prägen unser Miteinander und Füreinander. Es ist eine Grundlage für eine gemeinsame Vision. Wir freuen uns über die Vielfältigkeit unserer Kirchenbesucher und wie sie danach streben, Gottes Wort im Alltag zu leben. So kann sich jeder im Glaubensleben weiterentwickeln.

Patrick und Sibylle Noser, Gemeindeleiter GLZ St. Margrethen, glz.ch

 

Texte und Fotos: Karsten Risseeuw und zur Verfügung gestellt – Kirchenbote SG, Oktober 2018 

 

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