Was ist der Mensch?

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19.05.2020
Acht Milliarden Menschen bevölkern die Erde, im Spannungsfeld von Macht und Ohnmacht. Wer sich mächtig fühlte, wurde in den vergangenen Wochen eines Besseren belehrt.

Aus dem gequälten Tierreich hat sich einmal mehr ein Virus auf den Menschen übertragen. Ist das Zufall? Oder Zeichen von höherer Macht, dass Umkehr nötig wäre? Solche Fragen wurden in letzter Zeit häufig gestellt, auch in der Seelsorge.

Meiner Ansicht nach ist die sogenannte «Hybris» die grösste Verirrung des Menschen. Das altgriechische Wort bedeutet «Übermut», «Anmassung», laut Wikipedia eine «extreme Form der Selbstüberschätzung oder auch des Hochmuts». Im Lauf seiner Entwicklung hat sich der Mensch über die Natur gestellt, sie über alle Massen ausgebeutet.

Was ist der Mensch? Diese zentrale Frage wird in Psalm 8 gestellt, an den Schöpfergott, der Mond und Sterne befestigt hat: «Was sind die Menschen, dass du an sie denkst, ein Menschenkind, dass du nach ihm siehst?» (Bibel in gerechter Sprache) Der Mensch steht im Spannungsfeld von Macht und Ohnmacht, zwischen Herrschen und Beherrschtwerden. «Adonaj, du herrschst über uns alle». Diese Aussage bildet den Rahmen des Psalms. Dazwischen werden die Menschen erhöht: «Wenig geringer als Gott lässt du sie sein, mit Würde und Glanz krönst du sie. Du lässt sie walten über die Werke deiner Hände. Alles hast du unter ihre Füsse gelegt: Schafe, Rinder, sie alle, und auch die wilden Tiere, Vögel des Himmels und Fische des Meeres, alles, was die Pfade der Meere durchzieht.»

Was ist der Mensch? Im Psalm ist klar: Es ist ihm Macht übergeben. Aber diese steht nicht im leeren Raum. Adonaj breitet seine Majestät aus über den Himmel, beschirmt die Menschen in ihrer Aufgabe und Verantwortung. Sie sind ihm wertvoll, sie sind kein Nichts im Universum. Ob diese Beschirmung auch Korrektur beinhaltet, wenn sich die Menschen in ihrem Tun verirren? Ob die unter Menschenhand seufzende Schöpfung sich selbst wehrt, wenn die Herrschaft jede Sorgfaltspflicht missachtet?

Was weiss der Mensch? Zu hoffen ist, dass er sich letztlich nicht als Fluch, sondern doch als Segen für die Welt erweist. Und hoffen dürfen wir auf Begleitung. Sie wird uns an Pfingsten zugesprochen.

Text: Esther Schiess, Pfarrerin, Ebnat-Kappel | Foto: wikimedia

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