Wider die Gleichgültigkeit
Eine Kirche, die sich auf den Errungenschaften längst verflossener Zeiten ausruht, ruht in Frieden. Deshalb der berechtigte Ruf: Kirche soll agil, attraktiv und zeitgemäss sein. Aber ist das die Meinung aller? Was, wenn es tatsächlich zu Änderungen kommt?
Als wir in Wil vor 15 Jahren damit anfingen, in 18 Gottesdiensten im Jahr anstatt Orgelklänge populäre Musik ertönen zu lassen, hielten sich einige die Ohren zu. Verständnis, der Jugend entgegenzukommen, war da. Aber Vertrautes ging verloren. Als die Kantonalkirche begann, Fusionen zu fördern, um dem prognostizierten Steuerrückgang sowie dem Mangel an geeigneten Personen für die Kirchenvorsteherschaften entgegenzutreten, gab es Widerstände. Reformen kosten Zeit und Nerven. Zumindest vorübergehend. Deshalb haben es grosse Reformen schwer.
Aus dem Wort Gottes
Zu Vadians und Zwinglis Zeiten war der Leidensdruck genug hoch, die längst überfällige Reformation auch gegen grösste Widerstände durchzuziehen. Heute leidet die breite Masse nicht an der Kirche. Man sieht sie nicht in Not, aber auch nicht als notwendig.
Zudem ist der Nachsatz von Karl Barths Slogan «gemäss dem Wort Gottes» vielen suspekt. Doch genau da liegt der Schlüssel. Soll eine Reformation ein Segen sein, muss sie aus dem Wort Gottes kommen. Bei Luther zeigte sich dies mit dem Schlüsselbegriff «Gnade». Die Gnade Gottes war die Antwort auf die damals brennende Frage, wie man mit der drückenden Schuld konstruktiv umgehen kann.
Wort Gottes und Erde
Als biblisches Schlüsselwort für unsere Zeit sehe ich persönlich «Erde». Denn Jesus verglich den Menschen mit einem Ackerboden, auf den Gott aussät, was er an Gutem zu geben hat. Damit können wir der kraftlosen Gleichgültigkeit entgegentreten – nicht nur mit einem grossen reformatorischen Wurf, sondern auch mit kleinem, kontinuierlichem, aber farbig-fruchtigem Wachstum. Der sich immer wieder reformierenden reformierten Kirche tut es deshalb gut, empfänglich zu bleiben für Gottes Wort, seine Gaben und die Freude am vielfältigen Wachstum.
Text: Christoph Casty, Pfarrer in Wil | Foto: Katharina Meier – Kirchenbote SG, Juli-August 2018
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