Fokus «Weniger ist mehr»: Vermögen

Wie viel muss ich besitzen?

von Schwester Delia Klingler
min
25.01.2024
Schwester Delia Klingler, Diakonissin

«Was bringt es im Leben, kaum Materielles zu besitzen und auf eine Ehe/Partnerschaft zu verzichten?»

Es ist nicht so, dass ich weniger will. Ich will mehr: mehr von Gottes Liebe in mir – in dem, was ich bin – in dem, was ich tue – in dem, wie ich anderen be­­gegne. Und dafür möchte ich frei sein, möglichst viel Raum in mir haben, um diese Liebe von Gott aufnehmen und weitergeben zu können.

 

Schwester Delia Klingler, Diakonissin, Riehen

Wenn alles vollgestopft ist, hat nichts mehr Platz. Darum erlebe ich es als Freiheit, nicht viel zu besitzen.

 

Es ist wie mit einem Haus: Wenn alles vollgestopft ist, hat nichts mehr Platz. Darum erlebe ich es als Freiheit, nicht viel zu besitzen – nicht zu meinen, ich müsste dies und jenes besitzen, um ein erfülltes Leben zu haben. Natürlich brauche ich mate­rielle Dinge für Grundbedürfnisse.

Ich bin dankbar, dass ich ein Dach über dem Kopf, Kleider, Nahrung, sauberes Trinkwasser habe. Das, was darüber hinausgeht, kann schön und gut sein, mir Freude geben. Und ich kann anderen damit wohltun und Freude machen. Aber es ist nicht das, was letztendlich erfüllt und trägt. Mein klarster (und härtester) «Lehrmeister» darin ist die Erfahrung: Am Sterbebett von Menschen, die mir sehr nahestanden, wenn die Kraft zum Sprechen fehlt, wenn Trauer und Schmerz alle anderen Empfindungen durchdröhnen, dann nützt aller Besitz nichts. Dann trägt nur noch die Liebe. Und diese Liebe trägt, weil sie erfüllt und getragen ist von der Liebe Gottes.

Wenn’s nur ums Verzichten geht, «bringt» das nichts.

Diese Sehnsucht nach Gottes Liebe macht mich frei, nicht viel besitzen zu müssen, mich nicht vom Besitz abhängig zu machen. Ich habe auch Gefühle und Gedanken wie: «Das muss ich unbedingt haben.» Da hilft es mir, zu wissen, dass Gott mich liebt. Denn das gibt mir den Mut, ehrlich in mich zu schauen: Warum meine ich, dass ich dies unbedingt brauche? Woher kommt die Angst vor dem Zu-kurz-Kommen?

Auf Ehe/Partnerschaft zu verzichten…? Wenn’s nur ums Verzichten geht, «bringt» das nichts. Erfüllung findet es für mich nur darum: Jesus ruft jeden Menschen, ihm nachzufolgen, einzutreten in eine Liebesbeziehung mit Gott. Gottes Liebe aber ist unendlich viel mehr, als ein Mensch fassen könnte. Darum braucht es verschiedene Berufungen, und in jeder zeigt sich etwas von Gottes Liebe. In meiner Berufung – ehelos und verbindlich in einer Ordensgemeinschaft zu leben – wird für mich erfahrbar: Gott ist treu – ich kann mich ihm ganz hingeben und vertrauen: Gott stiftet tragende Beziehungen und macht mein Leben fruchtbar.

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