Zeichen einer uralten Kultur

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24.03.2020
Sein Grossvater musste einen türkischen Namen annehmen. D. E.* möchte nun Sprache und Glauben seiner Herkunft pflegen. Das Kreuz verbindet ihn mit seinem Volk, das über den Erdball verstreut lebt.

Stolz zeigt mir D. E. die Werkstatt. Sie ist voller Maschinen, Skizzen und Abdrücken. Der dreissigjährige Orthopädie-Schuhmachermeister ist begeistert von seinem Beruf. «Ich will den Menschen helfen», erzählt er, «ihnen Schuhe anbieten, die die Beschwerden lindern, aber dennoch modisch sind.»

Der Kundschaft bleibt nicht verborgen, dass D. E. ein Kreuz trägt. Manchmal wird er danach gefragt: Südländisches Äusseres, jüdisch klingender Name, Kreuz – wie kommt das? D. E. ist Suryoyo, hierzulande oft auch Aramäer genannt. Er gehört der syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien an, einer der ältesten Kirchen der Welt mit einer wechselvollen Geschichte. Nach dem Völkermord von 1915 und der Gründung der Türkei verliess der Patriarch 1924 den Sitz im türkischen Mardin. Später wurde der Sitz nach Syrien verlegt.

Biblische Namen abgelehnt

Heute reiht sich Kirche an Moschee in der Provinz Mardin, aus der auch D. E.s Familie stammt. «Das Zusammenleben auf lokaler Ebene ist total friedlich», betont er. Die Situation habe sich in den vergangenen Jahrzehnten entspannt. Früher sei ihre Kultur unterdrückt worden. «Der Religionsunterricht war verboten», erzählt er. Und seinem Grossvater habe der Beamte einen türkischen Namen aufgezwungen, aufgrund des neuen Familiengesetzes von 1934: «Er weigerte sich, die neue Identitätskarte auf einen biblischen Namen auszustellen und gab ihm den erstbesten Namen auf seiner Liste.» Mit diesem türkischen Namen ist auch D. E. aufgewachsen, konnte ihn aber später durch die Schweizer Behörden ändern lassen. Nachdem er die Meisterprüfung abgelegt hatte, habe er die Zeit für den Papierkrieg gehabt. «Die Schweizer Behörden waren unterstützend, sie kennen die Situation der Suryoye.»

Aramäisch erhalten

Vor rund dreissig Jahren sind D. E.s Eltern in die Schweiz geflüchtet. «Uns Kindern Aramäisch beizubringen fiel ihnen nicht leicht. Sie wollten in ihrer neuen Heimat ja Deutsch lernen», erzählt er. Sein Onkel sei rigoroser gewesen: «Er schrie, wenn Deutsch gesprochen wurde. Das fand ich damals etwas übertrieben.» Heute aber verstehe er ihn: «Ihm war wichtig, dass die Kinder neben Deutsch auch Aramäisch lernen.» Wenn er einmal selbst Kinder hat, möchte er darauf auch Wert legen. 

Glaube verbindet Diaspora 

Die Suryoye leben verstreut in der Schweiz. Ein Zentrum ist das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Augin in Arth. «Der Glaube gibt uns Zusammenhalt», erzählt D. E. Deshalb trage er das Kreuz. Seine Eltern haben es ihm gekauft, als sie 2009 zum ersten Mal nach ihrer Flucht in die Türkei zurückkehrten. «Es ist ein Zeichen meines Glaubens und meiner Identität», erzählt er. «Ich freue mich, wenn Kunden mich darauf ansprechen.»

* Name der Redaktion bekannt

Text | Foto: Stefan Degen – Kirchenbote SG, April 2020

 

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